McDonald's-Rückzug aus Russland: Was Franchisegeber jetzt aus der Situation lernen können

Gastkommentar von Eugen Marquard, Franchiseberater und der Gründer von "Die FranchiseMacher".

Als McDonald's noch zu Sowjetzeiten sein erstes Schnellrestaurant in Moskau eröffnete, standen Tausende Menschen Schlange. Damals setzte der Großkonzern mit der Eröffnung der russischen Filiale ein starkes Zeichen für das Nachlassen der Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion, die der Kalte Krieg mit sich gebracht hatte. Nun ist das Gegenteil passiert: Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird das goldene "M" wieder aus Russland verschwinden. 850 Schnellrestaurants sind betroffen (LEADERSNET berichtete). Zuvor hatten sich auch andere US-Unternehmen wie Pepsi, Coca-Cola und Starbucks aus Russland zurückgezogen.

"Es ist unmöglich, die durch den Krieg in der Ukraine verursachte humanitäre Krise zu ignorieren", sagte Chris Kempczinski, CEO von McDonald's. Das unvorhersehbare Geschäftsumfeld habe McDonald's zu der Schlussfolgerung geführt, dass das Geschäft in Russland nicht länger haltbar sei – und auch nicht in Einklang mit den Werten von McDonald's stehe. Beeinflusst wurde die Entscheidung möglicherweise auch durch die Tatsache, dass der russische Staat angedroht hat, Konzerne, die sich an den westlichen Sanktionen beteiligen, zu enteignen. Für McDonald's könnte das neben dem Wegfall des Geschäfts auch der Verlust des Immobilienvermögens bedeuten, da dem US-Konzern die Restaurant-Immobilien überwiegend selbst gehören.

Was passiert mit den Franchisepartnern?

Von den 850 betroffenen Schnellrestaurants werden rund 100 von Franchisepartnern geführt. Der Rest wird von dem Fast-Food-Riesen selbst betrieben. Was aber wird nun aus den Menschen, die die russischen Franchisebetriebe führen? In diesem Fall kann McDonald's nicht so einfach verfügen, die Schnellrestaurants zu schließen. Denn sie werden von selbstständigen Partnern betrieben, die ihren Firmensitz in Russland haben.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist eine spezielle Situation, die die meisten Franchiseverträge nicht vorsehen. Der Franchisegeber hat in diesem Fall nicht das Recht, seine Verträge mit den russischen Partnern ohne Weiteres zu kündigen – und das aus gutem Grund: Grundsätzlich ist es absolut richtig, den Franchisepartner vor einem unverschuldeten Geschäftsverlust zu schützen. Immerhin hat er viel Geld in sein Unternehmen investiert. Zudem beschäftigt er zahlreiche Mitarbeiter, deren Existenz ebenfalls von dem Geschäft abhängig ist.

Das passiert jetzt mit den russischen Filialen

McDonald's steht als Franchisegeber vor der Schwierigkeit, zum einen seine Verpflichtung gegenüber den Franchisepartnern wahrnehmen, zum anderen aber auch seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen zu müssen. Die Diskrepanz ist in diesem Fall riesig. Bei McDonald's hat man sich entschieden, den russischen Franchisepartnern den Weiterbetrieb ihres Geschäfts zu erlauben. Man verzichtet also auf ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot. "Alle McDonald's-Immobilien werden verkauft, alle Arbeitsplätze sind gerettet, es wird eine neue Marke und eine neue Kette von Fast-Food-Läden geben, die an den bisherigen McDonald's-Standorten eröffnet werden", so die Stellungnahme von McDonald's.

Alle russischen Filialen werden an den Geschäftsmann Alexander Govor verkauft, der bereits seit sieben Jahren selbst Franchisepartner ist. Er betreibt derzeit 25 der Schnellrestaurants in Sibirien. Nun übernimmt er alle 850 Läden, verpflichtet sich allerdings dazu, auf die Verwendung der Marke McDonald's zu verzichten. Auch die zu McDonald's gehörenden Immobilien werden verkauft. Die Marke mit dem goldenen "M" wird in Russland also in Kürze Geschichte sein. Ein erneuter Markteintritt ist jedoch nicht vollständig ausgeschlossen.

Fazit: Franchisesysteme bleiben selbst in Krisensituationen flexibel und handlungsfähig

Die Entwicklungen in Russland zeigen deutlich, dass Franchisesysteme auch in Krisensituationen über genug Handlungsspielraum verfügen, um eine faire Lösung für alle Beteiligten zu finden. So besteht einerseits während der Zusammenarbeit ein Geschäftsmodell, von dem Franchisegeber und -nehmer gleichermaßen profitieren. Kommt es zu Problemen, können Franchisegeber sowohl für den Schutz ihrer Marke Sorge tragen, als auch ihrer Verpflichtung gegenüber ihren Geschäftspartnern und deren Mitarbeitern nachkommen.

Ein entscheidender Vorteil gegenüber Nicht-Franchise-Unternehmen: Beteiligte von Franchisesystemen können offensichtlich selbst in unübersichtlichen Situationen faire Entscheidungen treffen und diese zeitnah umsetzen. Wie das Beispiel von McDonald's zeigt, sind sie dabei zudem in der Lage, eine zukunftsfähige Lösung sicherzustellen – auch wenn es noch viele Jahre für einen erneuten Markteintritt des Fast-Food-Konzerns in Russland dauern wird: Die Hintertür dafür ist so gut wie geschaffen.

www.franchisemacher.de


 

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Über den Autor

Eugen Marquard ist Franchiseberater und der Gründer von "Die FranchiseMacher". Er unterstützt bestehende Unternehmen dabei, ihr funktionierendes Geschäftsmodell in ein erfolgreiches Franchisesystem zu verwandeln.

Dazu setzt er auf ein ganzheitliches Konzept, ausgehend von der grundlegenden Planung über die Erstellung von Businessplänen und Strategien bis hin zur Suche nach passenden Partnern.

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