Kabarettist brilliert im Kino
Ernst-Lubitsch-Preis 2025 geht an Josef Hader

| Redaktion 
| 30.10.2025

Mit feinsinniger Komik, präzisem Blick auf zwischenmenschliche Abgründe und einem Gespür für skurrile Charaktere begeistert Josef Hader in seinem Film "Andrea lässt sich scheiden". Für diese vielschichtige Arbeit – als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller – erhält der österreichische Kabarettist, Schauspieler und Filmemacher nun den renommierten Ernst-Lubitsch-Preis 2025.

Der Preis gilt als bedeutendste Auszeichnung für komödiantisches Filmschaffen im deutschsprachigen Raum und steht im Zeichen des berühmten "Lubitsch Touch“ – einer einzigartigen Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang.

Ehrung durch Club der Filmjournalisten

Mit seinem zweiten Spielfilm als Regisseur liefert Josef Hader eine vielschichtige und zugleich schwarzhumorige Geschichte über Schuld, Verantwortung und menschliche Fehlbarkeit. In Andrea lässt sich scheiden spielt er nicht nur eine der Hauptrollen, sondern verantwortet auch Drehbuch und Regie. Die Tragikomödie entfaltet sich in einem ländlichen Setting, das fernab urbaner Klischees die psychologischen Spannungsfelder einer Frau nach einem tödlichen Unfall erkundet.

Die Jury lobt insbesondere die subtile Situationskomik, die feinsinnige Charakterzeichnung und Haders Fähigkeit, lakonischen Humor mit gesellschaftlicher Relevanz zu verbinden. "Er steht in der Tradition des berühmten 'Lubitsch Touch', jener Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang", so die Begründung.

Wie gelingt Hader der komödiantische Drahtseilakt?

Die Titelfigur Andrea, verkörpert von Birgit Minichmayr, ist Täterin auf der Flucht – und wird dennoch zur tragischen Identifikationsfigur. Hader selbst brilliert als schrulliger Lehrer Franz, der bereit ist, die Schuld auf sich zu nehmen. Das Zusammenspiel aus grotesken Situationen, nüchternen Dialogen und feinem Humor erinnert an Klassiker des deutschsprachigen Autorenkinos.

Hader gelingt es, eine dichte Atmosphäre zu schaffen, in der sich Melancholie und Witz nicht ausschließen, sondern gegenseitig verstärken. Mit diesem Film legt er ein weiteres eindrucksvolles Zeugnis seines Gespürs für menschliche Schwächen und dramatische Tiefe vor – ohne je ins Klischee abzurutschen.

Warum ist der Ernst-Lubitsch-Preis auch politisch relevant?

Die Preisverleihung am 29. Oktober 2025 im Berliner Kino Babylon war nicht nur eine Hommage an das komödiantische Können Haders, sondern auch eine Erinnerung an die historische Bedeutung des Preises selbst. Der Namensgeber Ernst Lubitsch, jüdischer Berliner und einer der einflussreichsten Regisseure Hollywoods, emigrierte bereits 1922 in die USA und setzte 1942 mit Sein oder Nichtsein ein filmisches Denkmal gegen Hitler und Antisemitismus.

Der Vorstand des Clubs der Filmjournalisten Berlin nutzte die Gelegenheit, um klar Stellung gegen den wieder zunehmenden Antisemitismus zu beziehen: Der Preis sei ein Symbol der Aussöhnung und ein Mahnmal für die Rolle jüdischer Künstler:innen im deutschsprachigen Kulturbetrieb – eine Kultur, die durch das NS-Regime tiefgreifend beschädigt wurde.

„Ernst Lubitsch, aber auch viele der Preisträgerinnen und Preisträger sind für mich Sterne am Firmament. So gesehen ist die Ehre eigentlich zu groß für mich. Vielen Dank, ich freue mich sehr!“, erklärte Josef Hader bei der Entgegennahme des Preises.

Neben Josef Hader waren zahlreiche bekannte Persönlichkeiten der Film- und Kulturszene bei der feierlichen Preisverleihung im Berliner Kino Babylon anwesend. Auf dem roten Teppich und im Kinosaal gesichtet wurden unter anderem Gerhard Polt, Henry Hübchen, Leander Haußmann, Ursela Monn, Radek Wegrzyn, Barbara und Reiner Schöne, Bettina Lamprecht, Volker Schlöndorff sowie Christoph Kottenkamp und Sabine Vitua. 

Eine Tradition filmischer Leichtfüßigkeit

Der Ernst-Lubitsch-Preis blickt auf eine beeindruckende Historie zurück. Seit 1958 zeichnet der Club der Filmjournalisten Berlin herausragende komödiantische Leistungen im deutschsprachigen Film aus – stets im Geist des legendären „Lubitsch Touch“. In den letzten Jahren erhielten unter anderem Marc Hosemann (2024) für Sophia, der Tod und ich, Karoline Herfurth (2023) für Wunderschön und Einfach mal was Schönes, sowie Simon Verhoeven (2021) für Nightlife diese Auszeichnung.

Weitere Preisträger:innen der vergangenen Jahre waren u. a. Nilam Farooq, Katharina Thalbach, Lars Eidinger, Anke Engelke, Charly Hübner, Dieter Hallervorden, Moritz Bleibtreu, Katja Riemann, Til Schweiger, Mel Brooks (Ehrenauszeichnung) und natürlich Gerhard Polt, der 1989 für Ödipussi ausgezeichnet wurde. Die Liste liest sich wie ein "Who is Who" des humorvollen deutschen Films – ein Spiegelbild des kulturellen Selbstverständnisses zwischen Ironie, Tiefe und pointierter Gesellschaftsanalyse.

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