Spielzeughersteller in der Krise
Schleich taumelt: Traditionsmarke im Umbruch

| Redaktion 
| 10.09.2025

Eigentlich hätte es ein Jubiläumsjahr werden sollen: Die Spielzeugmarke Schleich begeht ihren 90. Geburtstag. Doch die Feierlaune hält sich in Grenzen. Der Spielwarenhersteller, berühmt für seine detailgetreuen Tierfiguren und einst Symbol deutschen Spielzeughandwerks, steckt tief in der Krise. Statt Geschenke gibt es harte Einschnitte – und schon wieder einen neuen Vorstandschef.

Kaum war Stefan De Loecker ein Jahr im Amt, musste er den Chefsessel wieder räumen. An seine Stelle rückt Manfred Ziegler, ein erfahrener Sanierer, der bereits seit Juni die Restrukturierung des Unternehmens begleitet. Es ist der dritte CEO-Wechsel innerhalb weniger Jahre – ein Symptom für die Schieflage des Traditionshauses.

Die Liste der Probleme ist lang: Der Umsatz ist seit 2022 eingebrochen, der Stammsitz in Schwäbisch Gmünd wurde aufgegeben, die Belegschaft radikal verkleinert. Seit Jahren wechselt Schleich von einem Finanzinvestor zum nächsten. Die Schuldenlast ist hoch, aktuell stehen Kredite über mehr als 200 Millionen Euro in den Büchern. Der langjährige Konkurrent Playmobil scheiterte gleich zweimal mit einer Übernahme – ein Hinweis darauf, wie schwierig eine Neuaufstellung selbst für Brancheninsider ist.

Vom Höhen- zum Sturzflug

Dabei sah es vor Kurzem noch anders aus. Zwischen 2015 und 2022 konnte Schleich den Umsatz von 132,5 auf 275 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Unter CEO Dirk Engehausen, zuvor bei Lego und Tchibo tätig, gelang der Marke ein internationales Comeback. Figuren aus der Schleich Farm World oder Dinosaurier aus der Jurassic-Serie waren weltweit gefragt.

Doch der Höhenflug hielt nicht an. 2019 übernahm die Schweizer Partners Group den Hersteller für eine kolportierte Summe von 400 Millionen Euro. Ihr Plan: schnelle Wertsteigerung, rascher Weiterverkauf. Für das Management bedeutete das: Bindung an Investorenlogiken, nicht an langfristige Strategien.

Engehausen verweigerte sich und ging 2023. Kurz darauf sanken die Umsätze, 2023 um 15 Prozent auf 234 Millionen Euro. Für 2024 gibt es noch keine offiziellen Zahlen. Auf Nachfrage des manager magazins heißt es lediglich, der Jahresabschluss liege "noch nicht vor".

Der Bruch mit den Wurzeln

Unter De Loecker wurde der Rückzug aus Schwäbisch Gmünd beschlossen – ein Einschnitt in die DNA der Marke. Verwaltung und zentrale Dienste zogen nach München und Prag, die Logistik blieb am alten Standort, aber in fremder Hand. Rund 240 Beschäftigte waren von dem Schritt betroffen, viele lehnten einen Umzug ab.

Der Widerstand war entsprechend laut. "Die Bedürfnisse und Wünsche seiner Mitarbeiter sind Schleich ganz offensichtlich vollkommen egal", kritisierte Gewerkschaftssekretär Markus Wimmer (IGBCE) in der FAZ. Von der Belegschaft, einst regional verwurzelt und eng mit dem Unternehmen verbunden, ist heute nur noch ein Bruchteil übrig. Weltweit zählt Schleich gerade einmal 350 Beschäftigte – ein Viertel weniger als noch vor einem Jahr.

Angriff der Labubus

Der Spielwarenmarkt ist kein leichter. Auch Playmobil steckt in der Krise. Gleichzeitig setzen internationale Newcomer alte Namen unter Druck. Die süß-gruseligen Puppen des chinesischen Herstellers Pop Mart erleben einen Nachfrageboom, der den Aktienkurs des Unternehmens um mehr als 600 Prozent nach oben trieb. Schleich verkaufte im selben Jahr weltweit rund 40 Millionen Figuren, mehr als 60 Prozent davon im Ausland – doch Wachstum sieht anders aus.

Aktuell bemüht sich die Partners Group um eine Refinanzierung. Laut Bloomberg geht es um frisches Kapital von fünf Millionen Euro, dazu um eine Umschuldung bestehender Kredite über insgesamt 215 Millionen Euro. Sollte dieser Versuch scheitern, droht den Investoren der Kontrollverlust an die Gläubiger.

Parallel setzt das Unternehmen auf einen "umfassenden Transformationsplan", wie es heißt. Mit Ziegler, einem Manager mit Erfahrung in der Sanierung von Mittelständlern, soll die Wende gelingen. Unterstützung erhält er nun von einem alten Bekannten: Ex-CEO Engehausen kehrt als Berater zurück.

Ob das reicht, ist offen. Die Marke Schleich besitzt nach wie vor Strahlkraft – Generationen von Kindern sind mit ihren Figuren groß geworden. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie schwer es ist, Tradition und Investoreninteressen miteinander zu vereinen.

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