Die Co-Founderin & CEO von Pommes al dente im Interview
Lisa Zöfgen: "Vertrauen ist heute die härteste Währung in der Kommunikation"

Wer heute Unternehmenskommunikation betreibt wie vor zehn Jahren, hat schon verloren. Zwischen Buzzwords, austauschbarem Content und der Angst vor Haltung tut sich eine Agentur hervor, die genau das anders macht: Pommes al dente. Dahinter steht Lisa Zöfgen – Co-Founderin und Geschäftsführerin und eine, die weiß, wie Marken heute klingen müssen, um gesehen und gehört zu werden. 

Mit fast einem Jahrzehnt Marketing-Erfahrung in Konzernstrukturen, Agenturen und Start-ups gründete sie erst als Soloselbstständige, bevor sie mit Pommes al dente ein Team aufbaute, das Unternehmen hilft, ihren Ton zu finden – klar, glaubwürdig, mit Charakter.

Im Interview mit LEADERSNET spricht Lisa über den Reiz echter Kommunikation, den Wandel von Personenmarken und darüber, warum "al dente" mehr ist als nur ein Gag im Agenturnamen.

LEADERSNET: Frau Zöfgen, laut einer Umfrage glauben nur 47 % der Menschen Markenkommunikation – bei CEOs sind es sogar nur 37 %. Wie erklären Sie sich dieses tiefsitzende Vertrauensdefizit, und wie kann echte Kommunikation hier gegensteuern?

Lisa Zöfgen: Vertrauen ist heute die härteste Währung in der Kommunikation – und genau das haben wir oft in sie verloren. Das hat mehrere Gründe: Wir leben in einer Welt des Informationsüberflusses, in der jede:r permanent mit Inhalten und Werbung beschallt wird. Auf Social Media wird uns oft eine perfekte Welt kredenzt, mit der wir uns unweigerlich vergleichen. Gleichzeitig sorgen Fake News und nicht zuletzt KI dafür, dass wir (völlig zurecht und bestenfalls) alles, was wir online konsumieren, hinterfragen.

Echte Kommunikation setzt genau dort an. Während Unternehmen früher eine Pressemitteilung herausgaben oder der:die CEO ein Interview gab, wenn das Geschäftsjahr besonders erfolgreich oder ein tolles neues Produkt auf dem Markt war, wollen wir heute das echte Bild, den Weg dorthin und die Menschen dahinter sehen, um Vertrauen zum Unternehmen aufzubauen. Authentische Stimmen aus dem Unternehmen – ob von Mitarbeitenden oder Führungskräften – wirken glaubwürdiger, weil sie nicht aus der Pressestelle kommen, sondern aus der gelebten Erfahrung. Das ist der Kern von Corporate Influencing: Nähe statt Distanz, Dialog statt Einbahnstraße.

Wenn Unternehmen ihre Menschen sichtbar machen, gewinnen sie nicht nur das Vertrauen zurück, sondern schaffen auch eine Verbindung, die kein Werbespot der Welt kaufen kann.

LEADERSNET: Eine Verbindung aufzubauen ist das eine – aber diese auch zu halten das andere. Wenn täglich allein auf LinkedIn über 3 Millionen Posts veröffentlicht werden und auf Instagram 1,3 Milliarden Fotos und Videos um Aufmerksamkeit buhlen, scheint es fast unmöglich, in dieser Content-Flut nicht nur gesehen, sondern auch nachhaltig erinnert zu werden. Mit welchen konkreten Strategien schaffen Sie es gemeinsam mit Ihren Kunden, aus diesem digitalen Rauschen herauszustechen?

Lisa Zöfgen: In dieser Content-Flut ist Sichtbarkeit kein Zufallsprodukt – sie ist das Ergebnis von Strategie, Relevanz und Authentizität. Oft werden wir gefragt, ob es nicht unauthentisch sei, wenn man Mitarbeitende so echt wie möglich sichtbar machen möchte und dann eine durchdachte Strategie voranstellt. Aber das sehe ich anders, denn sie macht die richtige Kommunikation erst möglich.

Was ein Unternehmen mit seiner Kommunikation erreichen möchte, bedingt, welche Mitarbeitenden sie befähigen, in die Sichtbarkeit zu gehen. Welche Zielgruppen es erreichen möchte, bedingt die Plattform, auf der sie später aktiv sein werden. Welche Rahmenbedingungen das Unternehmen bietet, bedingt die interne Kommunikation und Aufklärungsarbeit, die dem Ganzen vorangestellt werden muss.

Und wenn die Mitarbeitenden erstmal an Bord sind, geht es nicht nur darum, ihnen zu zeigen, wie die Plattform funktioniert oder welche Unternehmenskampagnen unterstützt werden sollen. Auch hier gehen wir deutlich tiefer. Um relevant und authentisch sein zu können, braucht es eine Auseinandersetzung mit sich selbst: Wer bin ich? Was ist meine Vision? Was kann ich besonders gut? Wofür möchte ich stehen und wahrgenommen werden? Davon können wir mit den Menschen Content-Strategien ableiten, die sie auch wirklich selbst vorantreiben wollen und können – und die so einen nachhaltigen Erfolg haben.

Und schließlich: Interaktion schlägt Reichweite. Wir setzen auf echten Dialog mit der Community, nicht auf bloßes Senden. Wer Menschen zum Mitreden einlädt und ihnen echten Mehrwert gibt, bleibt im Kopf.

LEADERSNET: Das klingt nach einem durchdachten Rezept für Erfolg. Bleiben wir bei dieser Metapher: Wenn Sie die Gelegenheit hätten, ein Unternehmen kommunikativ völlig neu zu "kochen" – welche drei unverzichtbaren Zutaten würden Sie für eine Marke mit echtem Biss verwenden?

Lisa Zöfgen: Erstens: Eine klare Würze – das heißt, eine eindeutige Positionierung. Wer allen gefallen will, schmeckt am Ende nach nichts. Eine Marke braucht Kante, Haltung und ein klares "Dafür stehen wir".

Zweitens: Frische Zutaten – echte Geschichten von echten Menschen im Unternehmen. Nicht das Hochglanzfoto aus dem Archiv, sondern der Blick hinter die Kulissen, der zeigt, wie es wirklich läuft. Und wie bei Pasta oder Pommes gilt: Eine kommt selten allein. Am besten schmeckt’s, wenn wir den ganzen Teller servieren – also die vielen Stimmen im Unternehmen sichtbar machen, nicht nur eine einzelne.

Drittens: Den richtigen Garpunkt – also Timing und Relevanz. Kommunikation muss zum richtigen Moment serviert werden, wenn das Thema heiß ist und die Zielgruppe hungrig. Zu früh ist roh, zu spät ist verkocht. Wenn diese drei Zutaten zusammenkommen, entsteht eine Marke, die nicht nur auffällt, sondern hängen bleibt – und bei der man gerne einen Nachschlag möchte. 

LEADERSNET: Heute sehen wir Geschäftsführer als Influencer und CEOs als Content Creator. Wo liegt für Sie der Unterschied zwischen einer authentischen Personenmarke und reinem Selbstmarketing?

Lisa Zöfgen: Der Unterschied liegt für mich in der Richtung des Scheinwerfers. Beim reinen Selbstmarketing leuchtet er nur auf die eigene Person – es geht ums eigene Bild, die eigene Bühne, oft ohne größeren Mehrwert für andere. Eine authentische Personenmarke dagegen dreht den Scheinwerfer so, dass er auch auf die Themen, Werte und Menschen scheint, für die man steht.

Eine Personenmarke baut man nicht, indem man möglichst oft "Ich" sagt, sondern indem man konsequent Haltung zeigt, Expertise teilt und andere mitnimmt. Das bedeutet auch, nicht nur die Erfolge zu zeigen, sondern den Weg dorthin – inklusive Umwege und Stolpersteine.

Gerade bei Führungskräften ist das entscheidend: Wenn sie ihre Sichtbarkeit nutzen, um Vertrauen aufzubauen, Einblicke zu geben und echte Gespräche zu führen, wird aus einer Content Creator-Rolle eine glaubwürdige Stimme. Alles andere bleibt Fassade und die hält digitalem Gegenwind nicht lange stand.

LEADERSNET: Viele Unternehmen scheuen sich jedoch, klare Haltung zu zeigen – aus Angst vor Shitstorms oder Kundenverlust. Wann raten Sie Ihren Kunden dazu, Flagge zu zeigen, und wann zur Zurückhaltung?

Lisa Zöfgen: Die Angst vor Shitstorms ist in vielen Unternehmen größer als die reale Gefahr. Aus meiner Erfahrung mit über 20 Corporate-Influencer-Programmen und mehr als 500 ausgebildeten Personal Brands kann ich sagen: Eskalationen sind extrem selten. Viel häufiger erlebe ich, dass Mitarbeitende sogar zu vorsichtig sind. Sie haben ein feines Gespür dafür, was sie sagen können, und müssen eher ermutigt werden, ihre Perspektive zu teilen.
Der Schlüssel liegt in klaren Rahmenbedingungen: Wir arbeiten mit Guidelines, Trainings und festen Ansprechpartner:innen. Das schafft ein Spielfeld, in dem authentische Kommunikation stattfinden kann, ohne dass jede Aussage zum Risiko wird.

Wann raten wir zu Haltung? Immer dann, wenn sie glaubwürdig ist, zum Markenkern passt und mehr ist als eine Marketingaktion. Haltung ohne Substanz ist angreifbar, aber wer seine Werte kennt und sie im Alltag lebt, gewinnt durch klare Positionierung Vertrauen – selbst bei Gegenwind.

Und wann Zurückhaltung? Wenn ein Unternehmen ein Thema weder fachlich noch kulturell tragen kann oder wenn die Motivation rein taktisch ist. Dann ist es besser, erst die Basis zu schaffen, bevor man sich ins Rampenlicht stellt.

LEADERSNET: Wer in der Masse mitschwimmt, muss sich nicht wundern, wenn er untergeht. Wie gelingt es Pommes al dente, Unternehmen aus dem Content-Einheitsbrei zu befreien – und wo scheitert es am häufigsten?

Lisa Zöfgen: Unsere Erfahrung zeigt: Die größte Differenzierung entsteht durch die Menschen im Unternehmen. Jeder Corporate Influencer bringt eine eigene Persönlichkeit, eigene Themen und einen eigenen Blickwinkel mit. So können unterschiedliche Accounts viel gezielter und glaubwürdiger als eine zentrale Unternehmensstimme unterschiedliche Zielgruppen erreichen.

Auch bei Unternehmensaccounts setzen wir auf Menschen. Wir bilden gezielt Brand Faces aus, um z. B. in einer Pflegeeinrichtung direkt aus dem Arbeitsalltag berichten zu können. Dabei spielt auch oft das Medium Video eine große Rolle, da es deutlich mehr Nahbarkeit und Vertrauen erzeugt als andere Formate.

Wo scheitert es am häufigsten? Wenn Unternehmen versuchen, diese Individualität wieder einzufangen – etwa mit starren Post-Templates, die nur noch befüllt werden müssen. Das nimmt der Kommunikation jede Lebendigkeit. Wir setzen stattdessen auf Befähigung und klare Rahmenbedingungen: Guidelines, Trainings, Ansprechpartner:innen. Innerhalb dieses Spielfelds lassen wir die Menschen frei spielen. Dann passiert das, was wirklich zählt: Sie werden kreativ, mutig und authentisch – und genau das durchbricht die Austauschbarkeit.

LEADERSNET: Vom Solo-Act zur Agentur mit Team – das ist ein gewaltiger Schritt. Studien zeigen, dass 70 % der Start-ups am Übergang vom Einzelkämpfer zum Teamleader scheitern. Wie haben Sie diesen Transformationsprozess gemeistert, und welche Learnings können Sie anderen Gründern mitgeben?

Lisa Zöfgen: Der Schritt vom Solo-Act zur Agentur war bei mir kein Masterplan, sondern eine Mischung aus Nachfrage und dem Wunsch nach einem Team, das mehr kann, als ich alleine je schaffen könnte. Zuerst habe ich als Freelancerin andere Freelancer eingebunden, bis klar war: Wenn wir große Kundenprojekte gewinnen wollen, müssen wir als echte Agentur auftreten – mit Menschen, die das Unternehmen mitgestalten und mein Know-how ergänzen. Heute kann ich sagen: Das Team hat unsere Dienstleistung in einer Tiefe weiterentwickelt, wie ich es alleine nie gekonnt hätte.

Alle, die bei uns arbeiten, kamen über das Netzwerk meiner Mitgründerin und mir oder durch unser Personal Branding auf LinkedIn zu uns. Fachliche Skills sind wichtig, aber Einstellung und Arbeitsweise zählen für uns mehr. Dass wir Führungsrollen, wo es geht, aus dem bestehenden Team besetzen, hat sich als goldrichtig erwiesen, weil diese Menschen unsere DNA von innen kennen.

Mein größtes Learning? Fehlentscheidungen bei Einstellungen gehören dazu. Entscheidend ist, daraus Konsequenzen zu ziehen, um beim nächsten Mal besser zu wählen. Ich merke außerdem, dass ich mit jeder Erfahrung, die ich als Geschäftsführerin mache, sicherer in meinem Führungsstil werde und gelassener reagiere, wenn es stürmisch wird. Die Energie, die ich mir spare, wenn ich mir nicht sinnlos den Kopf über Dinge zerbreche, die ich sowieso nicht beeinflussen kann, brauche ich für das, was wirklich zählt: das Team und unsere Kund:innen.

LEADERSNET: Sie haben neun Jahre Erfahrung in ganz unterschiedlichen Systemen gesammelt – vom Konzern bis zum Start-up. Was war rückblickend der größte Aha-Moment, der Sie in Ihrer heutigen Arbeit prägt?

Lisa Zöfgen: Mein größter Aha-Moment war zu verstehen, dass Strukturen und Budgets allein keine gute Kommunikation garantieren. Im Konzern habe ich erlebt, wie selbst mit riesigen Ressourcen Inhalte oft an den Menschen vorbeigehen, weil sie zu glatt, zu weit weg vom Alltag und zu langsam in der Umsetzung sind. In Start-ups dagegen gibt es oft die Freiheit und Geschwindigkeit, Dinge auszuprobieren – dafür fehlen manchmal der strategische Rahmen und das Budget.

Für mich lag der Schlüssel immer dazwischen: Die Klarheit und strategische Denke aus großen Organisationen verbunden mit der Authentizität, Nahbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit kleinerer Strukturen. Das prägt unsere Arbeit heute enorm. Wir schaffen Rahmenbedingungen, die Orientierung geben, und lassen darin so viel Freiheit wie möglich – damit Kommunikation schnell, echt und wirkungsvoll bleibt.

Zudem versuchen wir, nicht die klassische Agentur mit viel Blabla an der Seite unserer Kund:innen zu sein, sondern ein verlängerter Arm des Teams, der sie wirklich versteht. Und das Schöne ist, dass wir immer wieder rückgemeldet bekommen, dass wir genau das schaffen.

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