Gründer der F&B Agentur DIP im Interview
Kai Brökelmeier: "Die Food-&-Beverage-Branche sprudelt über vor Veränderung"

Kaum eine Branche steht derzeit so stark unter Transformationsdruck wie Food & Beverage. Neue Konsumentenerwartungen, digitale Kanäle und die Dynamik von innovativen Start-ups stellen etablierte Player vor Herausforderungen und eröffnen zugleich Chancen für mutige Marktteilnehmer. Einer, der diesen Wandel seit Jahren aktiv mitgestaltet, ist Kai Brökelmeier. Im LEADERSNET-Interview spricht der Gründer der F&B Agentur DIP und Gastgeber des Podcasts Quatsch mit Soße über aktuelle Entwicklungen, die Rolle von Social Media als Wachstumstreiber und die Chancen für neue Marktteilnehmer.

Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Agenturwelt hat er bereits mehrere Unternehmen gegründet und erfolgreich aufgebaut. Unter dem Dach von AnotherNew (mit den Units ERROR & DIP) entwickelt er innovative Ansätze für Marketing- und Digitalkommunikation – stets mit dem Anspruch, Marken kreativ wie strategisch zu positionieren. Mit der auf Food & Beverage spezialisierten Unit DIP verfolgt er Strategien, die Social Media, KI und kreative Storys zu einem wirkungsvollen Mix verbinden – und zeigt damit, wie sich die Branche digital neu erfinden kann.

LEADERSNET: Herr Brökelmeier, die Food-&-Beverage-Welt ist aktuell stark in Bewegung. Was sind aus Ihrer Sicht die spannendsten Entwicklungen?

Kai Brökelmeier: Die Branche durchläuft einen echten Paradigmenwechsel. Was früher ein klassisches Geschäft zwischen Produkt, Regal und Konsument war, ist heute eine dynamische Erlebniswelt – digital, emotional und datengetrieben. Besonders spannend finde ich, wie sich Marken zunehmend als Plattformen verstehen: Sie verkaufen nicht nur Produkte, sondern erzählen Geschichten, bauen Communitys auf und beziehen Haltung – sowohl Start-ups als auch etablierte Player.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Kai Brökelmeier: Digitalisierung bedeutet heute weit mehr als E-Commerce oder eine moderne Website. Es geht um smarte Kommunikation auf Social Media, die Integration von Creator:innen in die Markenstrategie und um durchgängige Kundenorientierung entlang digitaler Touchpoints. Wer nicht digital denkt, verliert nicht nur Reichweite, sondern auch Relevanz.

Spannend ist dabei, wie sich spezialisierte Agenturen in diesem Feld positionieren: Gerade im Food-&-Beverage-Bereich geht es weniger um generische Werbung, sondern um digitale Strategien, die nah an den Konsument:innen sind – mit Social Content, Creator-Kooperationen und performanten Commerce-Lösungen. Dieser Fokus macht den Unterschied, weil er die spezifische Logik dieser Branche – Emotionalität, Geschwindigkeit, Erlebnisorientierung – konsequent in digitale Kommunikation übersetzt.

LEADERSNET: Welche weiteren Trends sehen Sie – insbesondere im Handel und im direkten Kundenzugang?

Kai Brökelmeier: Zwei Entwicklungen stechen hervor: Erstens die neuen Player im Liefer- und Zustellbereich – von Picnic und Flink über die digitalen Dienste großer Händler wie Aldi oder REWE bis hin zu Plattformen wie Flaschenpost. Sie haben die Customer Journey nachhaltig verändert. Convenience, Geschwindigkeit und digitale Direktheit sind zum Standard geworden – und Marken müssen lernen, sich auch in diesen Umfeldern relevant zu platzieren.

Zweitens beobachten wir eine starke Transformation im klassischen Lebensmitteleinzelhandel: Apps mit Bonusprogrammen, Coupons und personalisierten Angeboten sind längst Standard. Das schafft nicht nur Kundenbindung, sondern eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Segmentierung, Aktivierung und Dialog.

Zudem wird der Point of Sale immer stärker emotionalisiert – Supermärkte inszenieren sich als Erlebniswelten. Thematische Aktionsflächen, schnelle Produktrotationen und kreative Zweitplatzierungen lassen den LEH stellenweise wie eine Mini-Food-Expo wirken.

LEADERSNET: In Berlin sorgt aktuell die Coffee-Kette LAP für Schlagzeilen – mit schnellem Wachstum, minimalistischen Stores und Kampfpreisen. Wie bewerten Sie solche Phänomene für die Branche?

Kai Brökelmeier: Solche Konzepte zeigen, wie dynamisch und radikal sich die Food-&-Beverage-Welt gerade verändert. LAP Coffee ist im Kern ein Paradebeispiel für die neue Logik: hochskalierbar, digital getrieben, visuell stark auf Social Media inszeniert und dank Investorenkapital in der Lage, mit aggressiven Preisen einen Markt zu erobern.

Für die Branche bedeutet das zweierlei: Zum einen wächst der Druck auf traditionelle Anbieter, die noch stark analog denken und sich über Stammkundschaft definieren. Zum anderen beweist es, dass auch im scheinbar gesättigten Markt wie Kaffee Raum für Disruption ist – wenn man Convenience, Preis und Design konsequent zusammendenkt.

Langfristig wird sich zeigen, ob solche Modelle echte Café-Kultur ersetzen oder ob sie vor allem als Urban-Performance funktionieren – ein Instagram-taugliches To-go-Erlebnis. Für mich ist klar: Die Mischung aus digitaler Sichtbarkeit und radikaler Vereinfachung wird auch in anderen Food-Kategorien neue Wettbewerber hervorbringen.

LEADERSNET: Wie verändern Social Media und die Creator Economy den Zugang zu Zielgruppen?

Kai Brökelmeier: Radikal. Die Aufmerksamkeit liegt längst nicht mehr auf Hochglanz-Spots, sondern auf authentischen Empfehlungen in 30-sekündigen Reels. Creator:innen – mit 5.000 oder 500.000 Followern – beeinflussen Meinungen, Trends und Kaufentscheidungen. Für Marken heißt das: Mut zur Zusammenarbeit, Offenheit für neue Formate und Kommunikation auf Augenhöhe.

LEADERSNET: Wenn man auf die letzten Jahre blickt – was hat sich im Bereich Digitalisierung und Markenaufbau besonders verändert?

Kai Brökelmeier: Ich will Ihnen mal ein Beispiel liefern: Marken wie YFood oder Koro zeigen, wie man digitale Nähe konsequent aufbaut – direkt über Social Media, Communitys und smarte E-Commerce-Modelle. Just Spices oder Ankerkraut wiederum haben gezeigt, wie man mit Storytelling und Influencer-Kooperationen aus einem Online-Hype heraus in den Handel wächst.

Und die neue Generation von Marken wie Holy oder More Nutrition beweist, wie man mit Mut zu TikTok, Creator-Marketing und einer spitzen Zielgruppen-Ansprache enorme Reichweiten aufbaut. All diese Player zeigen, dass Food & Beverage heute weit mehr ist als Produkt und Regal – es geht um Erlebnisse, Haltung und digitale Relevanz.

Auch große Traditionsmarken gehen heute neue Wege. Milram hat mit dem aktuellen Käse-Verpackungsdesign – ob gewollt oder ungewollt – eine riesige mediale Aufmerksamkeit erzeugt und gezeigt, dass man über Haltung und Sichtbarkeit diskutieren darf. Und Seeberger hat mit Thomas Müller einen glaubwürdigen Markenbotschafter gefunden, der es schafft, eine breite Zielgruppe emotional abzuholen.

Solche Beispiele beweisen: Auch etablierte Marken können Relevanz neu gewinnen, wenn sie mutig kommunizieren und Themen besetzen, die über das Produkt hinausgehen.

Spannend finde ich auch den Aufstieg einer neuen Unternehmer:innen-Generation, die selbst zur Marke wird – ob als Foodgründer:innen mit großer Reichweite oder als TikTok-starke LEH-Filialleiter:innen mit Millionenpublikum. Das verändert nicht nur die Wahrnehmung – sondern auch das Wachstumspotenzial. Die Bühne ist nicht mehr das Regal, sondern der Feed.

LEADERSNET: Stecken in all diesen Veränderungen auch Chancen für neue Marktteilnehmer?

Kai Brökelmeier: Absolut. Die Eintrittsbarrieren sind niedriger denn je. Wer mit einer guten Idee, einer klaren Story und aufmerksamkeitsstarkem Packaging startet – und digitale Hebel versteht –, kann sehr schnell Relevanz aufbauen.

Die sogenannten „Angreiferunternehmen“ – oder besser: dynamischen Newcomer – haben in den letzten Jahren eindrucksvoll gezeigt, was möglich ist. Wer früh begriffen hat, wie man Reichweite auf TikTok, Instagram oder YouTube aufbaut, wie man Communitys begeistert und Algorithmen für sich nutzt, war klar im Vorteil. Ohne Legacy-Strukturen, ohne starre Prozesse. Agil, experimentierfreudig und nah an der Zielgruppe.

Und auch jetzt öffnen sich wieder Chancen: KI und AI sind die neuen Spielwiesen. Hier werden Marken entstehen, die schneller, präziser und nutzerzentrierter agieren – und in ein paar Jahren womöglich zu den neuen Platzhirschen zählen.

LEADERSNET: Was sind die größten Herausforderungen in dieser Transformation?

Kai Brökelmeier: Die Balance. Viele Unternehmen stehen zwischen Innovationsdruck und Kontrollverlust. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Konsument:innen – in puncto Transparenz, Nachhaltigkeit und Erlebbarkeit. Wer bestehen will, muss strategisch denken, aber mutig handeln. Lieber starten, testen, lernen – als zu lange zögern.

Spannend ist dabei die Rolle von Künstlicher Intelligenz: Sie kann Entscheidungsprozesse beschleunigen, Konsument:innen besser verstehen lassen und Content in nie dagewesener Geschwindigkeit individualisieren. Aber sie zwingt Marken auch, klare Leitplanken zu setzen – gerade im Hinblick auf Authentizität und Markenidentität. Die Herausforderung liegt also darin, KI nicht als Selbstzweck zu nutzen, sondern sie so einzubetten, dass sie Kreativität verstärkt und echte Mehrwerte für Konsument:innen schafft.

LEADERSNET: Herr Brökelmeier, Sie haben bereits KI als „neue Spielwiese“ erwähnt. Wie verändert Künstliche Intelligenz die Food-&-Beverage-Branche – gerade im Zusammenspiel mit Kreativität und Kulinarik?

Kai Brökelmeier: KI ist für die Food-&-Beverage-Welt ein echter Gamechanger, weil sie die Brücke zwischen Effizienz und Kreativität schlägt. Auf der einen Seite erlaubt sie uns, Prozesse radikal zu beschleunigen – ob bei Trendanalysen, Produktentwicklung oder Kampagnen-Optimierung. KI kann in Echtzeit erkennen, welche Geschmacksrichtungen oder Food-Trends im Social Web Fahrt aufnehmen und Marken so helfen, schneller zu reagieren.

Auf der anderen Seite eröffnet KI ganz neue kreative Räume: Rezeptideen, Packaging-Designs oder Storylines für Social Media können durch KI angereichert oder sogar völlig neu gedacht werden. Das bedeutet nicht, dass die Maschine die Kreativen ersetzt – im Gegenteil: Sie erweitert unsere Möglichkeiten, Ideen schneller, mutiger und vielfältiger zu testen.

Und im Kulinarischen selbst sehen wir spannende Ansätze – von KI-gestützter Personalisierung von Ernährungsplänen bis hin zu Smart Kitchens, die Abläufe optimieren. Für mich ist klar: Wer KI nicht nur als Tool für Effizienz, sondern als kreativen Co-Chef begreift, wird die Zukunft dieser Branche prägen.

LEADERSNET: Welchen Beitrag leistet Ihre Agentur DIP in diesem Kontext?

Kai Brökelmeier: DIP ist unser spezialisiertes Vertical für die Food-&-Beverage-Welt im digitalen Raum. Wir helfen Marken dabei, sich zeitgemäß aufzustellen – mit Social-Media-Strategien, Creator-Kampagnen, performanten Websites und digitalen Vertriebskonzepten.

Unsere Kund:innen reichen von Manufakturen über Mittelständler bis hin zu Konzernen – alle eint der Wunsch, authentisch und wirksam zu kommunizieren.

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