Nach einem eher verhalten aufgenommenen Formatversuch mit "Du gewinnst hier nicht die Million" wagt Stefan Raab bei RTL einen neuen Anlauf – erneut unter eigenem Namen. Die Erwartungen an den Kult-Entertainer sind hoch, doch das Ergebnis wirkt auf viele wie ein verspäteter Aufguss von "TV total" in neuer Verpackung. In der Premiere der "Stefan Raab Show" vermischen sich Late-Night-Elemente mit kuriosen Showeinlagen – was beim Publikum jedoch auf gemischte Reaktionen stößt. Die Mischung aus altbekannten Gags, spontanen Gesprächen und skurrilen Studiogästen erzeugt eine Atmosphäre, die weniger innovativ als unentschlossen wirkt.
Raabs Late-Night-Renaissance bleibt auf halber Strecke stehen
Raabs Rückkehr wurde medial groß angekündigt: Mit Bodybuildern als Trägern und einem Mix aus Interviews, Sketcheinspielern und Kommentaren zu aktuellen Ereignissen sollte die neue "Stefan Raab Show" nicht nur unterhalten, sondern auch gesellschaftlich relevant sein. So zumindest formuliert es RTL in der offiziellen Beschreibung. Die Zielsetzung war ambitioniert, doch in der Umsetzung bleibt vieles vage.
Die Inszenierung wirkt trotz großem Aufwand erstaunlich ziellos. Zwar zeigt sich Raab wie gewohnt selbstironisch und charmant, doch es fehlt die inhaltliche Klammer, die die verschiedenen Elemente zusammenhält. Besonders der Versuch, US-Late-Night-Größen wie Jimmy Kimmel nachzueifern, scheitert am Format und den Gästen. Während Kimmel in Hollywood internationale Stars begrüßt, mussten bei Raab in Hürth Bodybuilder Markus Rühl und TV-Koch Horst Lichter aushelfen – keine schlechte Wahl per se, aber eben kein Vergleich zu Kimmels Starpower. Raab witzelte dennoch selbstbewusst: "Hat er sich bedankt bei uns wenigstens?" – eine Reminiszenz an Kimmels kurzfristig ausgesetzte Show in den USA.
Kimmel beeindruckte mit einem emotionalen Comeback und setzte im US-Fernsehen neue Maßstäbe. Raab hingegen bleibt in seiner neuen Show weitgehend profillos. Besonders im direkten Vergleich wird deutlich, wie stark das Konzept hinterherhinkt: In amerikanischen Formaten treten regelmäßig internationale Stars auf, bei Raab dominieren altbekannte Namen aus dem deutschen Fernsehen. Was bleibt, ist ein Showmaster, der sich modern inszenieren will, jedoch kaum frische Impulse für das Genre liefert.
Witze von gestern in einer Show von vorgestern
Raabs Humor bleibt Geschmackssache. Schon bei "TV total" war seine Vorliebe für derbe, teils flache Sprüche polarisierend. Auch in der neuen RTL-Show dominiert diese Linie: Schauspieler Jimi Blue Ochsenknecht, Entertainer Klaas Heufer-Umlauf und selbst Howard Carpendale mussten für Gags herhalten, die wenig Esprit, dafür umso mehr Wiederholungscharakter aufwiesen.
Die Parodie des "Sommerhaus der Stars"-Teilnehmers Jochen Horst, der für Raabs Geschmack zu viel Englisch spricht, gipfelte in der Bemerkung: "Jochen glaubt immer noch, dass irgendwann Hollywood anruft. Lieber Jochen, lass es!" Das Publikum darf entscheiden, ob das noch als Satire oder doch eher als abgeschmackt gilt. In jedem Fall offenbart sich hier ein Muster, das Raabs TV-Karriere seit jeher prägt: Pointen auf Kosten anderer – ohne nennenswerte inhaltliche Tiefe.
Auch der Rhythmus der Show erinnert stark an frühere Zeiten: Stand-up, Gäste, Clips, abschließende Showeinlage. Es wirkt, als wolle man krampfhaft ein Erfolgsrezept der 2000er in die Gegenwart retten – mit nur mäßigem Erfolg. Gerade im heutigen Medienumfeld, in dem Formate wie "ZDF Magazin Royale" oder "Late Night Berlin" gezielt auf Zielgruppen zugeschnittene Inhalte liefern, wirkt Raabs Ansatz erstaunlich aus der Zeit gefallen.
Zwischen Fitnessstudio und Formatkrise
Ein Lichtblick des Abends war Raabs Gespräch mit Bodybuilder Rühl über Ernährung, Trainingsroutinen und Muskelaufbau. Die thematische Fokussierung war zwar unerwartet, aber inhaltlich solide – fast dokumentarisch. Dass sich eine Late-Night-Show für fast 30 Minuten in die Welt des Kraftsports vertieft, kann als mutiger Versuch gelten, das Konzept neu zu denken. Es bleibt jedoch der Eindruck, dass Raab und RTL selbst noch nicht wissen, in welche Richtung sich die Show entwickeln soll.
Dabei gäbe es Potenzial: Themen wie Body Positivity, Fitnesswahn oder Männlichkeitsbilder könnten hier klug eingebettet werden – doch die Sendung verpasst die Chance zur vertieften Auseinandersetzung. Stattdessen bleibt es bei humoristischen Einspielern und flüchtigen Gesprächen. Der Erkenntnisgewinn für das Publikum ist gering.
Laut eines Berichts auf WEB.DE sehen Medienbeobachter in der Show vor allem eine Variation altbekannter Elemente, die zwar nostalgisch anmutet, aber kaum Neues bietet. Ob Raab mit diesem Format langfristig beim Publikum bestehen kann, bleibt fraglich – zu sehr wirkt es, als sei die Sendung ein Schnellschuss auf der Suche nach Relevanz.
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