Militärische KI-Technologie
Neue Player für einen Milliardenmarkt: Wie Start-ups die Rüstungsindustrie erobern

| Redaktion 
| 24.09.2025

Von der Feldküche bis zum Flugtaxi: Junge Techfirmen entdecken das Militär als lukrativen Markt. Der Trend wird durch steigende Verteidigungsausgaben in Europa befeuert – doch der Einstieg ist alles andere als risikofrei.

"Das Atomzeitalter nähert sich seinem Ende. Wir leben jetzt im Software-Jahrhundert, und die entscheidenden Kriege der Zukunft werden von künstlicher Intelligenz geführt werden." Die Aussage stammt aus einem unlängst veröffentlichtem Buch von Palantir-Chef Alexander Karp.*

In diesem beschreibt er, wie sich die Beziehung zwischen Hardware und Software gerade fundamental umkehrt: "Im 20. Jahrhundert wurde Software entwickelt, um die Bedürfnisse der Hardware zu stützen und zu befriedigen, angefangen bei der Flugsteuerung bis hin zur Raketen-Avionik, von Auftanksystemen bis zu gepanzerten Mannschaftswagen.

Mit dem Aufstieg von KI und dem Einsatz von Large Language Models auf dem Schlachtfeld zur Verarbeitung von Daten und dem Erstellen von Zielvorschlägen verändert sich jedoch das Verhältnis. Inzwischen sitzt die Software an Steuer und die Hardware – die Drohnen auf den Schlachtfeldern – erscheinen zunehmend als Mittel, durch die die Empfehlungen der KI in die Welt übertragen werden."

Von der Feldküche zum Frontroboter

Folglich ist es kaum verwunderlich, dass vermehrt Start-ups an Lösungen für diesen Sektor arbeiten - auch in Deutschland. Das Hamburger Unternehmen Circus Group etwa entwickelt Roboter, die sich um die Verpflegung von Truppen kümmern. Die Ingenieure basteln an einer mobilen KI-Küche, die in der Stunde bis zu 400 Mahlzeiten zubereiten kann – transportabel per Helikopter und mit eigenem Generator ausgestattet. „Noch dieses Jahr wollen wir erste Verträge mit Armeen schließen“, wird Gründer Nikolas Bullwinkel im Handelsblatt zitiert. Für das junge Unternehmen wäre dies der Einstieg in einen Markt jenseits der Gastronomie.

Quantum Systems, auf Drohnentechnik spezialisiert, ist bereits im militärischen Einsatz. Auch das Münchener Unternehmen Fernride testet autonome Lkw für die Bundeswehr, während der Berliner Anbieter Vay Gespräche über künftige Militäranwendungen führt. Selbst die neuen Eigentümer des insolventen Flugtaxi-Pioniers Lilium hoffen auf ein Comeback durch Frachteinsätze für die Armee.

Das Berliner 3D-Druck-Start-up 3yourmind liefert bereits Ersatzteile direkt an die Front – mehr als die Hälfte des Umsatzes stammt inzwischen aus dem Militärgeschäft. Der Drohnenabwehrspezialist Alpine Eagle ist ebenso im Geschäft wie die Raumfahrtfirma Atmos, die ein europäisches Pendant zu Elon Musks Dragon-Frachter entwickeln will.

Riesenpotenzial, forderndes Umfeld

Das Potenzial ist groß: Die EU-Staaten erhöhen ihre Verteidigungsausgaben in diesem Jahr um 23 Prozent auf rund 130 Milliarden Euro. Immer mehr öffentliche Aufträge gehen an innovative Start-ups wie das KI-Unternehmen Helsing oder an Drohnenspezialisten. Für Start-ups kann der Verteidigungsmarkt zum entscheidenden Wachstumsmotor werden – wenn sie die langen Entscheidungswege und die hohen regulatorischen Hürden wie Exportkontrollen, komplexe Zertifizierungen und sicherheitspolitischen Auflagen meistern.

Für Risikokapitalgeber wird das Segment freilich auch interessanter – erstmals fließt signifikant Geld in militärisch nutzbare Technologien.

Dual Use-Ansatz verspricht breiteren Markt

Eine Erhebung des Datendienstes Startupdetector zeigt: 2023 wurden bis September bereits mehr Verteidigungs-Start-ups gegründet als in den gesamten Vorjahren. Auch beim halbstaatlichen Hightech-Gründerfonds wächst das Interesse. Viele Unternehmen setzen dabei auf einen Dual Use-Ansatz, sprich auf ein Angebot an Lösungen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Markt ist breiter, wenn ein und dieselbe Technologie (Drohnen, KI-gestützte Analyseplattformen, 3D-Druck von Ersatzteilen, Raumfahrttechnik) in unterschiedlichen Branchen eingesetzt werden kann.

*The Technological Republik. Über die Macht des Silicon Valley und die Zukunft des Westens. Alexander C. Karp und Nicholas W. Zamiska, Finanzbuch Verlag, 2025

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