Geheimplan zur Automatisierung enthüllt
Amazon ersetzt 600.000 Jobs durch Roboter

Ein bislang internes Strategiepapier zeigt: Amazon will bis 2033 rund 600.000 Stellen abbauen und drei Viertel aller Prozesse automatisieren. Der geheime Konzernplan könnte auch Europa betreffen – mit weitreichenden Folgen für Arbeitsplätze in Deutschland, Polen und darüber hinaus.

Amazon plant einen radikalen Umbau seiner Logistikprozesse: Laut interner Strategiepapiere sollen bis 2033 etwa 75 Prozent aller Abläufe automatisiert werden. Das entspricht einem Stellenabbau von rund 600.000 Jobs weltweit. Mit diesem Schritt setzt der Tech-Gigant neue Maßstäbe – wirtschaftlich wie gesellschaftlich.

Effizienz als oberstes Ziel

Wie die New York Times berichtet, möchte Amazon allein in den USA bis 2027 auf über 160.000 Neueinstellungen verzichten. Grund ist eine einfache Kostenrechnung: Jede automatisierte Bestellung spart dem Konzern etwa 30 Cent. Angesichts eines erwarteten Umsatzwachstums bis 2033 bei gleichbleibendem Personalstand wird klar: Menschen sollen durch Maschinen ersetzt werden.

Das Unternehmen vermeidet dabei Begriffe wie "künstliche Intelligenz" oder "Automatisierung" und spricht lieber von "Cobots" – kollaborativen Robotern, die angeblich "mit" statt "an Stelle von" Menschen arbeiten. Die Realität sieht anders aus: In Amazons modernsten Lagern, etwa im US-Bundesstaat Louisiana, ist menschliches Personal kaum noch erforderlich. Dort übernehmen bereits heute tausende Roboter den Warenfluss. Der Personalbedarf sei laut Berechnungen nur noch halb so hoch wie in vergleichbaren Anlagen ohne Automatisierung.

Auch der Energie- und Wartungsbedarf solcher Systeme wurde einkalkuliert. Amazon rechnet laut dem Bericht mit langfristigen Einsparungen in Milliardenhöhe – selbst unter Berücksichtigung von Reparaturkosten, Systemausfällen und Software-Updates. Zudem hat der Konzern neue Partnerschaften mit Robotik-Start-ups geschlossen, um die eigenen Systeme weiter zu verfeinern und unabhängiger von externen Zulieferern zu werden.

Hightech statt Arbeitsplatzsicherheit

Diese "Blueprint"-Zentren gelten als Vorlage für rund 40 weitere Logistikstandorte, die Amazon bis 2027 neu bauen oder umrüsten will. Selbst bestehende Mega-Lager wie jenes bei Atlanta mit rund 4.000 Mitarbeitenden werden umstrukturiert – mit dem Ziel, mindestens 1.200 Stellen zu streichen.

Gleichzeitig verweist Amazon auf neue Berufsbilder, etwa in der Wartung oder Programmierung der Roboter. Doch diese Jobs machen nur einen Bruchteil der wegfallenden Stellen aus. Zwar verdienen spezialisierte Techniker im Lager in Shreveport rund 24 Dollar pro Stunde – deutlich mehr als einfache Lagermitarbeiter mit etwa 19 Dollar. Doch laut NY Times habe seit 2019 nur ein Bruchteil der Mitarbeitenden an den entsprechenden Weiterbildungen teilgenommen.

Wie Focus Online berichtet, strebt Amazon mit dem Umbruch eine tiefgreifende Restrukturierung seines gesamten Logistiknetzwerks an – mit gravierenden Folgen für die Beschäftigten.

Hinzu kommt: Auch in Europa könnten bald ähnliche Modelle implementiert werden. Beobachter:innen erwarten, dass Standorte in Deutschland, Polen und Tschechien mittelfristig nachgerüstet oder geschlossen werden, sollte sich das Modell in den USA als rentabel erweisen. Erste Pilotversuche in britischen Distributionszentren sind bereits im Gange.

Gesellschaftlicher Sprengstoff

Der Konzern hat bereits über eine Million Roboter im Einsatz – Tendenz stark steigend. Diese übernehmen zunehmend das Heben, Sortieren und Verpacken. Doch der Preis für diese Effizienzsteigerung ist hoch: Ökonom Daron Acemoglu vom MIT warnt davor, dass Amazon mit dieser Strategie als Blaupause für die gesamte Branche fungieren könnte.

Besonders betroffen sind laut Statistik überproportional viele Schwarze in den USA, da sie häufig in Lagertätigkeiten beschäftigt sind. Der zunehmende Arbeitsplatzabbau könnte also vor allem Minderheiten und strukturschwache Regionen treffen.

Amazon selbst versucht, diesen sozialen Risiken mit gezielter PR entgegenzuwirken. So plant der Konzern laut den vorliegenden Dokumenten größere Auftritte auf regionalen Events und Spendenaktionen, um weiterhin als "guter Unternehmensbürger" wahrgenommen zu werden.

Hinzu kommt eine emotionale Komponente: Für viele Mitarbeitende sind die Jobs in den Logistikzentren nicht nur Einkommensquelle, sondern auch sozialer Anker. Die zunehmende Automatisierung könnte langfristig zu einem Gefühl der Entfremdung gegenüber der Arbeitswelt führen – ein Risiko, das sich kaum in Zahlen messen lässt, aber gesellschaftspolitisch nicht zu unterschätzen ist.

Auch Gewerkschaften und Arbeitsrechtsexpert:innen beobachten die Entwicklung kritisch. Forderungen nach neuen gesetzlichen Leitplanken für den Einsatz von Robotik in der Industrie mehren sich. In mehreren Bundesstaaten wird bereits über sogenannte "Automation Impact Assessments" diskutiert – verpflichtende Prüfverfahren zur Bewertung der sozialen Folgen neuer Technologien.

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