Eine neue Studie von Tietoevry Create und TQS Research & Consulting offenbart gravierende Defizite beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden. Während der Nutzen erkannt ist, hapert es an der Umsetzung: fehlende Strategie, mangelhafte Daten und Expertise bremsen die Digitalisierung aus. Die Analyse zeigt deutlich, dass der Wille zur Transformation vorhanden ist, es aber an professionellen Strukturen und Ressourcen fehlt, um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten.
Potenziale erkannt – Umsetzung mangelhaft
95 Prozent der KI-Projekte in deutschen Unternehmen scheitern – ein deutliches Indiz dafür, dass strategische Grundlagen, nachhaltige Planung und konkrete Zielsetzungen im Umgang mit KI oft fehlen. Dieser Befund deckt sich mit den zentralen Ergebnissen der Tietoevry-Studie und unterstreicht die Dringlichkeit, mit der Unternehmen handeln müssen.
Künstliche Intelligenz wird zwar von 89 Prozent der Führungskräfte als Chance gesehen, aber nur 28 Prozent der Unternehmen verfügen über klar definierte KI-Verantwortlichkeiten. Dabei wünschen sich 57 Prozent der Befragten vor allem Prozess- und Effizienzoptimierungen. Doch fast ein Drittel der Firmen gibt an, an fehlender Strategie (29 %), unzureichender Expertise (32 %) oder schlechter Datenqualität (31 %) zu scheitern. Hinzu kommt, dass bestehende Technologien oft isoliert eingesetzt werden, ohne in eine umfassende Digitalisierungsstrategie eingebettet zu sein.
Diese Lücke zwischen Anspruch und Realität könnte laut Lukas Keller, Head of Market Germany bei Tietoevry Create, schwerwiegende Folgen haben.
"Jetzt gilt es, KI-Technologien strategisch zu implementieren, um echten Business Value zu schaffen – und genau hier scheitern viele Unternehmen noch.", Head of Market Germany bei Tietoevry Create, schwerwiegende Folgen haben: "Jetzt gilt es, KI-Technologien strategisch zu implementieren, um echten Business Value zu schaffen – und genau hier scheitern viele Unternehmen noch."
Unternehmen, die KI nicht als langfristiges Investitionsthema verstehen, sondern nur punktuell einsetzen, riskieren laut Keller nicht nur Wettbewerbsnachteile, sondern verpassen auch die Chance, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. "KI darf kein Selbstzweck sein. Wer nur kurzfristige Effekte sucht, verliert den strategischen Weitblick."
Kompetenzmangel als Bremsklotz
Obwohl mehr als die Hälfte der Führungskräfte den eigenen Umgang mit KI als sicher einschätzt, fehlt oft das Know-how zur Integration auf Organisationsebene. Viele Unternehmen haben weder ausreichend qualifiziertes Personal noch strukturierte Weiterbildungspläne. Die Folge: KI bleibt Insellösung statt Wachstumsmotor. Besonders kritisch: In vielen Fällen wird der Aufbau von KI-Kompetenzen allein der IT-Abteilung zugeschrieben, während operative Bereiche noch zu wenig eingebunden werden.
Ein praktisches Beispiel, das Keller anführt, ist der Einsatz von KI im Requirements Engineering: "Mit KI-gestützter Analyse technischer und regulatorischer Anforderungen könnten Industrieunternehmen Prozesse beschleunigen und gleichzeitig die Qualität steigern." Doch dazu bedarf es strategischer Skalierung und gezielter Qualifizierung der Mitarbeitenden. Auch der Aufbau interdisziplinärer Teams wird als entscheidender Faktor genannt, um das volle Potenzial von KI zu erschließen.
Immer mehr Unternehmen erkennen, dass technologische Infrastruktur alleine nicht ausreicht. Ohne ein solides Change Management und die aktive Einbindung der Belegschaft bleiben auch die besten Tools wirkungslos. Change Agents, crossfunktionale Workshops und ein transparenter Umgang mit Risiken und Zielen könnten laut Studie helfen, Widerstände zu überwinden.
Verantwortung bleibt diffus, Risiken sind real
Obwohl ein Professionalisierungstrend erkennbar ist, bleibt die Verantwortung oft vage.
In 43 Prozent der Unternehmen wird KI nur "mitbetreut", meist von der IT-Abteilung. In 28 Prozent der Fälle gibt es überhaupt keine definierte Zuständigkeit. Das Risiko ist offensichtlich: 55 Prozent der Führungskräfte sehen die größte Gefahr in verpassten Chancen zur Effizienzsteigerung und Innovationsfähigkeit, 40 Prozent befürchten Qualitätsverluste gegenüber der Konkurrenz. Erschreckend: Jede:r Siebte (15 %) sieht gar kein Risiko im Nicht-Einsatz von KI.
Dabei werden die Bedenken über veraltete Prozesse, zunehmende Kosten und einen Rückstand in der Service-Qualität zunehmend lauter. Auch regulatorische Aspekte spielen eine Rolle: Wer heute nicht vorbereitet ist, könnte morgen unter neuen gesetzlichen Anforderungen wie dem AI Act der EU leiden. "Unternehmen müssen sich früher mit Compliance und Governance befassen, bevor es zu spät ist", mahnt Keller.
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