Justizverfahren gegen Ex-Verkehrsminister
Andreas Scheuer wegen Falschaussage zur Pkw-Maut angeklagt

| Redaktion 
| 20.08.2025

Das gescheiterte Pkw-Maut-Projekt holt den früheren Verkehrsminister ein. Andreas Scheuer muss sich nun vor Gericht verantworten – wegen des Verdachts, den Bundestag belogen zu haben. Der Vorwurf wiegt schwer und könnte ein politisches Nachspiel haben. Auch Jahre nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik steht der CSU-Politiker erneut im Zentrum eines veritablen Justizskandals.

Ein Vorhaben mit hohem finanziellem und politischem Risiko ist zum Bumerang geworden. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat den ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer angeklagt – wegen mutmaßlich falscher Angaben im Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut. Neben ihm steht auch ein früherer Staatssekretär im Fokus. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf politische Entscheidungsprozesse, die weitreichende Konsequenzen für den Steuerzahler hatten.

Milliardenschaden mit politischer Brisanz

Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der CSU, das jedoch 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterte. Der Grund: EU-Ausländer sollten zahlen, Inländer entlastet werden – ein klarer Verstoß gegen EU-Recht. Noch vor dem Gerichtsurteil hatte Scheuer jedoch Verträge mit Betreiberfirmen unterzeichnet. Nach dem EuGH-Urteil kündigte er die Verträge – es folgten langwierige Schiedsverfahren. Der Schaden für die Bundesrepublik: 243 Millionen Euro.

Die Debatte rund um die Maut-Pläne wurde bereits damals hitzig geführt. Kritiker warfen Scheuer vor, wider besseren Wissens gehandelt und das finanzielle Risiko für den Bund ignoriert zu haben. Die Verträge mit CTS Eventim und Kapsch TrafficCom hätten aus Sicht vieler Experten erst nach einem finalen Urteil aus Luxemburg abgeschlossen werden dürfen. Dass dies unterblieb, führte nicht nur zu einem enormen finanziellen Schaden, sondern auch zu einem massiven Vertrauensverlust in politische Prozesse.

Streit um Erinnerung und Wahrheit

Im Untersuchungsausschuss behauptete Scheuer, sich nicht erinnern zu können, dass die Betreiberfirmen eine spätere Vertragsunterzeichnung angeboten hätten – also nach dem EuGH-Urteil. Diese Aussage steht im Widerspruch zu Angaben der beteiligten Unternehmen. Die Berliner Ermittler gehen davon aus, dass Scheuer "bewusst wahrheitswidrig" gehandelt hat. Auch Gerhard Schulz, damaliger Staatssekretär, wurde angeklagt. Beide weisen die Vorwürfe zurück.

Juristen sehen den Fall als juristisches Novum: Es geht nicht um klassische Vorteilsnahme oder Haushaltsuntreue, sondern um die Integrität von Aussagen gegenüber einem Untersuchungsausschuss. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, könnte das Signalwirkung für künftige parlamentarische Aufklärungsarbeit haben. Der Bundestag als Kontrollinstanz der Regierung steht und fällt mit der Verlässlichkeit der Aussagen der geladenen Zeugen.

Scheuers Reaktion fällt scharf aus

Scheuer zeigte sich empört über die Anklage: "Die Entscheidung, nun Anklage zu erheben, ist für mich nicht nachvollziehbar und macht mich betroffen." Er vermutet politische Motive: "Die Motive und der Zeitpunkt für die Anklage sind mir unverständlich und erscheinen mehr politisch motiviert." Laut eines Berichts von ntv.de will sich der 50-Jährige mit "aller Kraft" gegen die Anschuldigungen verteidigen.

Beobachter der politischen Szene sehen darin eine typische Abwehrstrategie: Angriff als Verteidigung. Zugleich wird deutlich, wie sehr das Thema Maut mit Scheuers politischer Biografie verknüpft ist. Seine Rolle als Verkehrsminister gilt – trotz einzelner Fortschritte bei Digitalisierungsprojekten – bis heute als umstritten. Die Causa Maut überschattet sein politisches Wirken nachhaltig.

Nach seinem Rücktritt als Bundesverkehrsminister 2021 hatte sich Scheuer weitgehend aus der Politik zurückgezogen und sein Bundestagsmandat im April 2024 niedergelegt. Die juristische Aufarbeitung des Maut-Debakels dürfte nun zum bestimmenden Thema seiner politischen Nachgeschichte werden. Der Fall könnte auch Einfluss auf die innerparteiliche Debatte innerhalb der CSU nehmen, die sich zunehmend um personelle Erneuerung bemüht.

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