Merz verspricht Milliardenimpuls
Investitionsgipfel im Kanzleramt bringt Made for Germany auf den Weg

Mit großen Worten und milliardenschweren Signalen will Bundeskanzler Friedrich Merz Deutschland zurück auf Wachstumskurs bringen. Beim Investitionsgipfel im Kanzleramt wurde der Startschuss für die Standortinitiative "Made for Germany" gegeben. Doch ist der Aufbruch mehr als ein symbolisches Bekenntnis?

Fast 100 Unternehmen, Investitionszusagen in dreistelliger Milliardenhöhe und internationale Investoren an Bord: Mit der Initiative "Made for Germany" und dem Investitionsgipfel in Berlin will die Bundesregierung ein Signal des Aufbruchs setzen. Kanzler Friedrich Merz inszeniert sich als Standortkanzler und wirbt offensiv für eine wirtschaftliche Wende. Doch die reale Lage bleibt angespannt. Wie stark der symbolische Auftakt wirkt, hängt nun davon ab, ob den Ankündigungen auch strukturelle Veränderungen folgen.

Standortinitiative mit politischer Schubkraft

Während in Burghausen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gemeinsam mit Wacker-CEO Christian Harter eine neue Polysilizium-Linie eröffnete, deutete sich bereits an, was nun in Berlin kulminiert: Ein politischer Schulterschluss mit der Wirtschaft. "Made for Germany" markiert Phase zwei des wirtschaftspolitischen Fahrplans von Friedrich Merz. Nach der Körperschaftsteuersenkung und dem sogenannten Wachstumsbooster sollen nun Topkonzerne von Siemens bis Mercedes Standortbekenntnisse liefern.

Das Kanzleramt spricht von einem klaren Richtungswechsel. In einem zweiseitigen Papier mit dem Titel "Verantwortung für Deutschland" listet die Regierung umgesetzte Reformen und positive Frühindikatoren auf. Dazu zählt etwa der gestiegene ifo-Geschäftsklimaindex. Die Öffentlichkeit soll spüren: Der Umschwung ist da – und kommt nicht nur in Sonntagsreden vor.

Zudem ist eine gezielte Kommunikationsstrategie erkennbar: Neben klassischen Medienkanälen wurden auch internationale Wirtschaftsplattformen und Social-Media-Netzwerke genutzt, um die Botschaft global zu streuen. Ziel ist es, nicht nur bestehende Investoren zu binden, sondern neue Geldgeber für den Standort Deutschland zu gewinnen. Auch Regionen mit strukturellen Defiziten sollen durch gezielte Förderungen eingebunden werden.

 
 
 
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Investoreninteresse trifft Realität

Dass der Gipfel mehr als PR sei, betonte Merz bereits in seiner Sommerpressekonferenz: "Das Interesse insbesondere von ausländischen Investoren am Standort Deutschland ist gestiegen." Unternehmen wie BlackRock, Temasek und Franklin Templeton waren im Vorfeld eingebunden. Laut einem Bericht der WirtschaftsWoche sollen sich bis zu 100 Unternehmen an der Initiative beteiligen, die kolportierte Investitionssumme von 300 Milliarden Euro sei dabei eher zu niedrig angesetzt.

Die Zahlen machen Eindruck, doch der Aufschwung muss sich in der Breite niederschlagen. Trotz positiver Impulse aus Industrie und Investorenkreisen bleibt die konjunkturelle Lage fragil. Die Chemiebranche revidierte jüngst ihre Produktionsziele nach unten, die Stahlindustrie meldet den niedrigsten Output seit 2009. Und auch die drohende Überschreitung der Drei-Millionen-Marke bei der Arbeitslosigkeit lässt Zweifel aufkommen, ob der Aufschwung tatsächlich schon begonnen hat.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: die globale Lage. Lieferketten bleiben störanfällig, geopolitische Risiken wie der China-USA-Konflikt oder Energiefragen wirken sich unmittelbar auf Investitionsentscheidungen aus. Auch die Bürokratie in Deutschland wird weiterhin als Hürde empfunden – ein Umstand, den internationale Investoren offen thematisieren.

Symbolpolitik oder Signalwirkung?

"Made for Germany" ist mehr als ein Hashtag – so das Narrativ des Kanzleramts. In Wahrheit dürfte es sich aber eher um einen Auftakt handeln: Phase drei des Merz-Plans sieht eine große internationale Investorenkonferenz 2026 vor, angelehnt an das Pariser Vorbild. Bis dahin müsste sich die gefühlte Stimmungslage auch in harten Wirtschaftsdaten niederschlagen.

Wie viel Substanz hinter dem Auftritt steckt, wird sich nicht zuletzt daran zeigen, wie verbindlich die Investitionszusagen sind. Derzeit handelt es sich zumeist um Absichtserklärungen. Bis konkrete Standortausbauten, neue Produktionsstätten oder Forschungszentren realisiert sind, dürften noch Jahre vergehen. Die Bundesregierung will bis Ende des Jahres ein Monitoring-System einführen, um die Umsetzung zu verfolgen.

Noch bleibt die Initiative eine Mischung aus Öffentlichkeitsarbeit und Hoffnungsträger. Die großen Ankündigungen aus Berlin sind nicht falsch – aber eben auch nicht Beweis eines realen Aufschwungs. Es ist der Versuch, wirtschaftspolitische Psychologie in Wachstumsdynamik zu übersetzen. Ob dieser gelingt, hängt davon ab, ob Wirtschaft, Politik und Gesellschaft dauerhaft an einem Strang ziehen – und ob es gelingt, den Standortfaktor Deutschland auch im internationalen Wettbewerb wieder attraktiv zu positionieren.

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