KI verunsichert deutsche Beschäftigte
Jeder zweite Arbeitnehmer zweifelt an Deutschlands wirtschaftlicher Zukunft

| Redaktion 
| 07.07.2025

Eine exklusive Umfrage des Pinktum Institute zeigt: Viele Beschäftigte sind skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der künstlichen Intelligenz wirtschaftlich bestehen kann. Trotz hoher Lernbereitschaft fehlt es oft an konkreten Plänen und Orientierung – besonders bei jungen Menschen und einfachen Angestellten.

In einer von KI geprägten Arbeitswelt ändern sich Anforderungen rasant. Während klassische analytische Fähigkeiten an Bedeutung verlieren, rücken emotionale Intelligenz, Kommunikationsfähigkeit und digitale Skills in den Fokus. Doch wie gut ist Deutschland darauf vorbereitet? Die jüngsten Ergebnisse einer breit angelegten Umfrage legen nahe, dass es nicht nur an Zukunftsoptimismus, sondern auch an konkretem Handlungswillen mangelt. Sowohl Arbeitnehmer:innen als auch Unternehmen scheinen vielfach ratlos.

Junge Generation besonders skeptisch

Laut der repräsentativen Studie des Pinktum Institute, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt, bezweifelt rund die Hälfte der befragten 1.500 Arbeitnehmer:innen, dass Deutschland die nötigen Kompetenzen besitzt, um wirtschaftlich führend zu bleiben. Besonders junge Menschen unter 30 zeigen sich pessimistisch: Nur knapp 50 Prozent glauben an Deutschlands Zukunftsfähigkeit im KI-Zeitalter – im Vergleich zu 58 Prozent bei den über 60-Jährigen. Auch Beschäftigte ohne Führungsverantwortung blicken deutlich kritischer in die Zukunft als Führungskräfte.

Die Ursachen für diese Skepsis sind vielfältig. Viele junge Menschen beobachten mit Sorge die schleppende Digitalisierung öffentlicher Verwaltungen und die geringe Innovationskraft etablierter Unternehmen. Gleichzeitig fehlt es häufig an Vorbildern oder strategischen Programmen, die zeigen, wie die Transformation gelingen kann. In einer Welt, in der TikTok-Karrieren schneller Realität werden als Industrieprozesse umgestellt, wächst die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Große Bereitschaft, aber wenig Umsetzung

Dabei herrscht keine grundsätzliche Lernverweigerung: Neun von zehn Befragten zeigen sich offen, neue Fähigkeiten zu erlernen. Doch in der Praxis bleibt es oft bei der Absicht. Nur etwa die Hälfte unternimmt konkrete Schritte zur Weiterbildung im Bereich künstlicher Intelligenz. Besonders alarmierend: Über ein Drittel der Beschäftigten hat sich laut Umfrage bislang nicht einmal gedanklich mit den nötigen Kompetenzen für die Zukunft auseinandergesetzt. Nur vier Prozent haben einen konkreten Entwicklungsplan.

Das liegt nicht zuletzt an einem Mangel an Orientierung. Viele Beschäftigte wissen schlicht nicht, welche Skills künftig gefragt sein werden – und wie sie diese systematisch erwerben können. Während große Konzerne bereits interne Lernplattformen oder gezielte Trainingsprogramme anbieten, sind kleine und mittelständische Unternehmen oft überfordert. Hinzu kommt ein Zeitproblem: Der Arbeitsalltag lässt wenig Raum für strategische Weiterbildung.

Führungskräfte ohne Orientierung, Unternehmen zögerlich

Das Fehlen klarer Orientierungshilfen ist nicht nur auf Mitarbeiterebene ein Problem: Auch Führungskräfte zeigen Unsicherheit. Fast 30 Prozent der befragten Manager:innen fühlen sich durch den technologischen Wandel überfordert – und können ihren Teams kaum strategische Perspektiven bieten. Die Unternehmenslandschaft reagiert zögerlich: Nur 18 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Arbeitgeber bereits erste KI-Maßnahmen ergreifen. Lediglich sechs Prozent berichten von einer Anpassung des Geschäftsmodells oder grundlegenden Prozessveränderungen.

In vielen Unternehmen fehlt eine konkrete Digitalstrategie. Stattdessen herrschen Einzellösungen und kurzfristige Pilotprojekte vor. Der Mut, bestehende Strukturen zu hinterfragen oder disruptive Modelle zu denken, ist selten. Dabei zeigen Studien internationaler Innovationsinstitute, dass genau diese Denkweise notwendig ist, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Unternehmen, die heute in KI-gestützte Prozesse und datenbasierte Entscheidungsfindung investieren, werden sich morgen besser behaupten können.

Die Zeit drängt: Laut Weltwirtschaftsforum werden sich in den nächsten fünf Jahren rund 40 Prozent der geforderten Jobfähigkeiten ändern. Wer jetzt nicht handelt, riskiert den Anschluss. Die deutsche Wirtschaft steht an einem Wendepunkt – und braucht eine klare Vision, um den Wandel nicht nur zu überstehen, sondern aktiv zu gestalten.

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