Hype-Cycles im business
Tech-Hypes: Wie man die Wellen der Begeisterung richtig reitet

Ob KI, Kryptowährungen oder Flugtaxis – nach der anfänglichen Begeisterung über neue Technologien folgt oft der Absturz. Ein das Journalistenpaar Christina Horsten und Felix Zeltner erklärt, welche Chancen und Risiken mit Hypes verbunden sind - und warum diese Wellen unvermeidbar sind.

Künstliche Intelligenz, Kryptowährungen, autonomes Fahren, Virtual Reality und Flugtaxis – in regelmäßigen Abständen elektrisieren neue Technologien die Welt. Investitionen fließen in Milliardenhöhe, Medien überschlagen sich mit Berichten, und die Bewertungen neuer Start-ups schießen in die Höhe. Doch ebenso häufig folgt der Absturz: Viele Technologien scheitern an überzogenen Erwartungen, Anleger verlieren Geld, und die Enttäuschung ist groß.

Hypes sind nicht nur ein Phänomen, sondern ein wiederkehrendes Muster in der Innovationsgeschichte. Von der Entstehung des Internets über die Einführung des Smartphones bis zur Elektromobilität – viele bahnbrechende Technologien durchlaufen ähnliche Zyklen. Der sogenannte "Hype Cycle“, ein Konzept des Analysehauses Gartner, beschreibt diesen Prozess treffend: Ein Produkt erreicht den Gipfel übertriebener Erwartungen, stürzt ins "Tal der Enttäuschungen“ und etabliert sich schließlich auf einem realistischeren Niveau.

Doch warum wiederholt sich dieses Muster immer wieder? Das Journalistenpaar Christina Horsten und Felix Zeltner, das in New York lebt und sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, erklärt diese Dynamik in ihrem Buch "Hype: der geheime Motor hinter, KI, Krypto & Co". Dafür haben die Autoren weltweit mit Experten gesprochen, Hype-Phänomene analysiert und Einblicke in die Mechanismen gesammelt, die hinter der Begeisterung stecken.

Massenhafte Aufmerksamkeit und Kritik

Hypes gehen oft mit massiven Übertreibungen einher, das ist unbestritten. Horsten beschreibt diese Dynamik so: "Viele Menschen in Deutschland sind eher skeptisch und lehnen Hypes ab – das kann auch eine gute Haltung sein. Aber grundsätzlich sollte man Hypes nicht pauschal verurteilen, sondern sie mit kühlem Kopf analysieren.“ Entscheidend sei die Frage: Was steckt hinter dem Hype, wer treibt ihn an, und welches Ziel verfolgt er?

Ihr Partner Zeltner sieht Hypes als wichtigen Bestandteil des Innovationsprozesses: "Hypes erzeugen Aufmerksamkeit, die entscheidend ist, um neue Technologien weiterzuentwickeln. Ein gutes Beispiel ist ChatGPT: Innerhalb weniger Wochen hatten sich 100 Millionen Menschen einen Account angelegt. Dadurch konnten Schwachstellen schnell erkannt und adressiert werden.“

Dieses schnelle Feedback sei ein zentraler Vorteil von Hypes. Kritik und Massenaufmerksamkeit helfen, Innovationen zu verbessern und gesellschaftsfähig zu machen – sei es die KI-Entwicklung oder die Erfindung der MP3-Technologie, die nach anfänglicher Euphorie schließlich den Musikmarkt revolutionierte.

Das „Tal der Enttäuschungen“ und die Frage nach Substanz

Trotz der Vorteile bergen Hypes erhebliche Risiken. "Das größte Problem“, so Zeltner im manager magazin, „ist, dass die meisten Menschen erst dann von einem neuen Produkt erfahren, wenn es bereits auf dem Höhepunkt der überzogenen Erwartungen steht.“ Dieser späte Einstieg ist gefährlich, besonders für Privatanleger, die oft Verluste erleiden, wenn der Markt ins „Tal der Enttäuschungen“ fällt.

Ein aktuelles Beispiel ist das deutsche KI-Start-up Aleph Alpha. Nach einer der größten KI-Investitionen in der Geschichte der Bundesrepublik folgten schnell skeptische Schlagzeilen über die Zukunft des Unternehmens. "Wenn es gelingt, die Talfahrt zu überstehen, wird Aleph Alpha bald wieder positive Schlagzeilen machen“, meint Zeltner.

Ein weiteres Feld, das für viele Anleger problematisch ist, sind Kryptowährungen. "Hier sehen wir regelmäßig Hypes ohne nachhaltiges Geschäftsmodell“, warnt Zeltner. Die massenhafte Einführung neuer Coins erzeuge Aufmerksamkeit, oft ohne einen echten Mehrwert. "Man muss sich bei jeder neuen Technologie fragen, ob es ein tragfähiges Geschäftsmodell gibt – das fehlt bei Kryptowährungen häufig.“

Das Hype-erzeugende Ökosystem

Hypes entstehen nicht zufällig. Sie werden oft gezielt erzeugt, vor allem in der US-amerikanischen Tech- und Finanzszene. Investoren wie Peter Thiel oder Elon Musk spielen hier eine Schlüsselrolle. "Es gibt ein Hype-erzeugendes Ökosystem, zu dem auch Forschungsabteilungen und Medien gehören“, erklärt Horsten. "Nur so können Ideen überhaupt umgesetzt werden, denn Innovationen benötigen enorme finanzielle Mittel.“

Die sozialen Medien sind ein weiterer Faktor: Sie beschleunigen die Verbreitung neuer Ideen und sorgen für massenhafte Aufmerksamkeit. Allerdings, so Horsten, "ist der größte Teil des Zyklus oft schon vorbei, wenn die Idee in den sozialen Medien ankommt.“

Negative Konnotation im Deutschen

Im deutschen Sprachraum hat das Wort „Hype“ eine negative Konnotation, im Englischen hingegen bedeutet es lediglich "Aufregung“. Diese kulturellen Unterschiede prägen auch die Bereitschaft, an Hypes teilzunehmen. "Es kann absolut richtig sein, auf etwas zu setzen, das gerade gehypt wird“, sagt Horsten. „Pauschal nein zu sagen, ist nicht immer die beste Wahl.“

Mit ihrem Buch möchten Horsten und Zeltner nicht nur die Mechanismen von Hypes erklären, sondern auch zeigen, wie diese Wellen der Begeisterung sinnvoll genutzt werden können. "Am Ende des Hypes steht immer die Frage nach Substanz“, sagt Zeltner. Und nur Technologien mit echtem Mehrwert haben die Chance, die Welt langfristig zu verändern.

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