Peter Thiel gilt als eine der polarisierendsten Personen der Tech- und Investmentbranche. Als Mitgründer von PayPal und Palantir genießt er den Ruf eines visionären Unternehmers, während seine Nähe zu Geheimdiensten oder geäußerte Demokratiekritik mitunter für Unbehagen sorgt. Manche Menschen setzen Thiel sogar mit dem Antichristen gleich – was ironisch ist, da der Multimilliardär in einer vierteiligen Vortragsreihe genau vor diesem warnen will.
Am 11. Oktober 1967 kommt Peter Thiel in Frankfurt am Main zur Welt, woraufhin er jedoch lediglich sein erstes Lebensjahr in der Bundesrepublik verbringt und anschließend mit seinen Eltern in die USA auswandert.
Gut dreieinhalb Jahrzehnte später ist er (unter anderem neben Elon Musk) Mitgründer und Vorsitzender von PayPal, als das Unternehmen, das Onlinezahlungen revolutioniert, für rund eineinhalb Milliarden US-Dollar an eBay verkauft wird.
Mit seinem Erlös baut Thiel ein weit verzweigtes Netzwerk von Investments auf und tritt unter anderem als erster externer Geldgeber von Facebook in Erscheinung. In den 2010ern fällt sein Name vermehrt in Massenmedien, als er den Gerichtsprozess des inzwischen verstorbenen Hulk Hogan gegen den Medienkonzern Gawker finanziert.
Gawker outet Thiel, den laut Forbes derzeit 94.-reichsten Menschen der Welt, einige Jahre vorher gegen dessen Willen als homosexuell und wird durch die juristische Niederlage gegen Hogan in den Bankrott getrieben. "Es geht weniger um Rache als vielmehr um gezielte Abschreckung", erklärt Thiel damals gegenüber dem Time Magazine.
Palantir: Peter Thiels umstrittenstes Projekt
Das meistdiskutierte Unterfangen mit Thiel-Beteiligung ist Palantir Technologies. Spezialisiert ist das Softwareunternehmen auf die Entwicklung von Plattformen zur Datenanalyse und -integration. Peter Thiel ist Vorsitzender des Aufsichtsrats, größter Investor und gehört 2003 zu den Mitgründern.
Bereits in jener Gründungsphase erhält Palantir Finanzierung von In-Q-Tel, dem Venture-Capital-Unternehmen der CIA, was das Unternehmen von Beginn an eng mit US-amerikanischen Geheimdiensten verknüpft. Diese Verbindung ermöglicht frühe Aufträge für Gotham, die Analyseplattform für Sicherheitsbehörden, ehe die Plattform Foundry erfolgreich den kommerziellen Markt erschließen kann.
Während Nutzer – darunter auf Landesebene auch Behörden in Deutschland – die Effizienz der Software bei der Terrorabwehr, bei der Kriminalitätsbekämpfung oder bei der Datenaufbereitung in Krisen loben, monieren Kritiker unter anderem Intransparenz, massive Überwachungsmöglichkeiten und ethische Fragwürdigkeit. Palantir gilt ihnen als Paradebeispiel für die undurchsichtigen Verstrickungen zwischen technologischer Innovation und staatlicher Macht.
Thiel auf theologischer Mission
In den kommenden Wochen will Peter Thiel näher auf einen Aspekt dieser ohnehin komplexen Diskussion eingehen, den womöglich nicht jeder auf dem Schirm hat: In einer mehrteiligen Reihe wird sich Thiel "mit der Theologie, Geschichte, Literatur und Politik des Antichristen befassen."
Die Vorträge hängen zusammen, sodass jede Sitzung auf der vorherigen aufbaut. Die Karten für das vier Termine umfassende Paket im Commonwealth Club in San Francisco zwischen Montag, 15. September und Freitag, 06. Oktober sind bereits ausverkauft. Ein durchaus exklusives Ticket, denn die Inhalte der Vorträge gelten als "vertraulich" und sollen nicht durch Mitschnitte oder Transkripte an die Öffentlichkeit gelangen.
Veranstalter der Eventreihe ist das ACTS 17 Collective. Dabei handelt es sich um eine christliche Initiative, die Führungskräften aus der Tech- und Unterhaltungsbranche ein Umfeld bieten möchte, in dem sie ihren Glauben erkunden und vertiefen können. Dazu dienen beispielsweise Veranstaltungen mit prominenten Rednern, die das Zusammenspiel von Religiosität, Arbeit und Kultur thematisieren – so wie jene mit Peter Thiel ab Mitte September.
Wer ist der Antichrist?
Vor wenigen Monaten zitiert die New York Times eine These von Peter Thiel, nach der "der Antichrist die Welt erobern würde, indem man ununterbrochen über Armageddon spricht. Man spricht ununterbrochen über existenzielle Risiken."
In der Bibel wird der Antichrist nicht eindeutig als einzelne Figur beschrieben, sondern eher als Sammelbegriff für Gegenspieler von Jesus Christus benutzt. Besonders in den Johannesbriefen bezeichnet er Menschen, die leugnen, dass Jesus der Mensch gewordene Sohn Gottes ist.
Die Offenbarung beschreibt ferner das "Tier", das oft mit dem Antichristen gleichgesetzt wird – ein endzeitlicher Machtträger, der sich gegen Gott erhebt und die Welt verführt. Zu den religiösen Denkern, auf die sich Peter Thiel in seiner Vortragsreihe abseits der Bibel stützen wird, sollen im Übrigen René Girard, Francis Bacon, Jonathan Swift, Carl Schmitt und John Henry Newman gehören.
Thiel sieht Technologie als Machtinstrument
Ein lesenswerter Fortune-Artikel beleuchtet, wie Thiel über das Konzept des Antichristen denkt: Er sei überzeugt, dass eine solche Figur nicht etwa durch offenes Übel an die Macht gelangen würde, sondern indem sie sich technologische Ängste zunutze macht, um globale Kontrolle auszuüben.
Thiels Ansicht nach liefert eben gerade die moderne Technologie die notwendige Grundlage, die bisherigen Darstellungen des Antichristen zum Erreichen dieser Kontrolle fehlte.
Eine mit strengem Glauben assoziierte Person, der gleichzeitig vorgeworfen wird, der Antichrist zu sein? Keine komplett neue Idee, wie dieser Holzschnitt von Lucas Cranach dem Älteren aus Luthers Passionsbuch von 1521 belegt. Darin wird dem Papst diese Rolle zugesprochen (Bild: Public Domain)
Jener Antichrist würde "Frieden und Sicherheit" versprechen, während er gleichzeitig die besagte Angst vor katastrophalen technologischen Risiken – von KI über den Atomkrieg bis hin zum Klimawandel – anfacht, um eine Rechtfertigung für umfassende Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen vorlegen zu können.
Wenn der Warner auch der Weichensteller ist
Auch Fortune verweist in diesem Zusammenhang auf die unweigerliche Assoziation mit Palantir und "seinen Plattformen, die darauf ausgelegt sind, unterschiedliche Informationsquellen zu umfassenden Nachrichtensystemen zusammenzufassen": Theoretisch eine ideale Grundlage für dystopisch anmutende Zukunftsvisionen.
Entsprechend liegt die Ironie auf der Hand, dass Peter Thiel selbst maßgeblich Technologien finanziert und fördert, die in genau jene Richtung weisen, die er in biblisch-apokalyptischen Bildern kritisiert.
Palantir steht für Datenmacht – also ein Instrument, das Thiels Wahrnehmung nach als "Werkzeug des Antichristen" gedeutet werden könnte. Er warnt, dass der Antichrist durch die Aussicht auf Sicherheit und Ordnung Macht erlangen könnte und hat eine Firma aufgebaut, die mit eben diesem Sicherheitsversprechen wirbt.
Wer online nach "Peter Thiel Antichrist" sucht, findet deshalb nicht nur Artikel zu themenrelevanten Äußerungen des milliardenschweren Unternehmers, sondern genauso Beiträge, die ergründen, ob Thiel selbst womöglich derjenige ist, vor dem er uns warnen möchte.
Im oben eingebetteten Interviewausschnitt wird er vorsichtig auf diese Auslegungsmöglichkeit angesprochen und wirkt von der Frage zunächst durchaus überrascht.
Ob er in San Francisco näher auf entsprechende "Anschuldigungen" eingeht, werden wir wohl leider nur erfahren, wenn ein geschickter Leaker doch irgendwie Aufnahmen aus der vertraulichen Veranstaltung schleusen kann – ohne an dieser Stelle irgendwelche technologischen Ängste schüren zu wollen.
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