Milliarden gehen verloren
Deutsche Unternehmen lassen KI-Potenzial ungenutzt

| Redaktion 
| 05.02.2025

Deutsche Unternehmen könnten mit Künstlicher Intelligenz Milliardenwerte schaffen – doch stattdessen herrscht Zurückhaltung. Warum es an klaren Strategien und Kompetenzen fehlt und welche Maßnahmen jetzt entscheidend sind.

Künstliche Intelligenz gilt als eine der größten wirtschaftlichen Chancen unserer Zeit. Sie könnte Prozesse automatisieren, Innovationen beschleunigen und die Produktivität deutlich steigern. Doch laut einer aktuellen Studie des Stifterverbands in Kooperation mit McKinsey & Company schöpfen deutsche Unternehmen dieses Potenzial bislang kaum aus.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 86 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, dass ihr Unternehmen KI bisher nur in geringem Maße oder gar nicht nutzt​. Dabei könnten KI-gestützte Automatisierung und datenbasierte Entscheidungen die Produktivität um bis zu 19 Prozent steigern. Besonders generative KI bietet enormes Wertschöpfungspotenzial – allein in Deutschland könnten so mehr als 300 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet werden​.

Doch die Realität sieht anders aus: In vielen Unternehmen fehlt es nicht nur an technischen Lösungen, sondern vor allem an strategischer Planung und den notwendigen Kompetenzen im Umgang mit KI.

Fehlende Kompetenzen bremsen den Fortschritt

Ein zentrales Problem ist der Mangel an KI-Wissen in der Belegschaft. 79 Prozent der befragten Führungskräfte berichten, dass ihren Beschäftigten grundlegende KI-Kompetenzen fehlen​. Besonders kritisch: Selbst dort, wo KI bereits eingesetzt wird, fehlt oft das nötige Know-how, um die Technologie effektiv zu nutzen.

Die Studie unterscheidet drei zentrale Kompetenzbereiche:

  1. KI-Grundwissen: Verständnis der grundlegenden Funktionsweise und Konzepte von KI.
  2. Praktische Anwendung: Fähigkeit, KI für Automatisierung, Datenanalysen und Content-Erstellung einzusetzen.
  3. Kritische Einordnung: Reflexion über ethische Fragen und Bewertung der Sinnhaftigkeit von KI-Anwendungen​.

Besonders große Defizite zeigen sich in der praktischen Anwendung: Mehr als ein Drittel der Unternehmen sieht hier Nachholbedarf – vor allem bei der Automatisierung von Arbeitsprozessen, der Auswahl geeigneter KI-Modelle und datengetriebenen Entscheidungen​.

Hochschulen als ungenutzte Ressource

Ein vielversprechender Lösungsansatz bleibt bisher weitgehend ungenutzt: die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen. Nur jedes fünfte Unternehmen nutzt bislang Kooperationen mit akademischen Einrichtungen, um KI-Kompetenzen im Unternehmen gezielt aufzubauen​.

Dabei sind Hochschulen prädestiniert, fundiertes Wissen zu vermitteln und innovative KI-Projekte mit Unternehmen gemeinsam umzusetzen. Laut Studie wünschen sich viele Firmen eine engere Verzahnung mit der Wissenschaft, um schneller relevante Fähigkeiten in ihre Belegschaft zu bringen​.

Strategielos in die KI-Zukunft?

Ein weiteres Problem: Weniger als ein Viertel der befragten Unternehmen verfügt über eine klare Strategie für den Aufbau von KI-Kompetenzen​. Ohne eine langfristige Planung bleibt der KI-Einsatz meist punktuell und wenig effektiv.

Die größten Hindernisse beim Kompetenzaufbau sind:

  • Fehlende Weiterbildungsangebote: Die Hälfte der Unternehmen bietet keine KI-Schulungen an​.
  • Sicherheits- und Datenschutzbedenken: Viele Unternehmen fürchten, dass KI-Systeme Risiken mit sich bringen​.
  • Mangelnde Investitionen: 54 Prozent der Unternehmen investieren zu wenig in den Aufbau von KI-Know-how​.
  • Zurückhaltende Mitarbeitende: Zwei Drittel der Unternehmen berichten, dass ihre Beschäftigten wenig Interesse an KI-Weiterbildungen zeigen​.

EU AI Act erhöht den Druck

Spätestens mit der Einführung des neuen AI Act der Europäischen Union wird KI-Kompetenz zur Pflicht. Die Verordnung schreibt vor, dass Unternehmen, die KI-Systeme betreiben, über ein "ausreichendes Maß an KI-Kompetenz" verfügen müssen​.

Was auf den ersten Blick wie eine regulatorische Hürde wirkt, könnte sich als Chance erweisen: Unternehmen, die frühzeitig in den Kompetenzaufbau investieren, sichern sich nicht nur die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil​.

Best Practices: So gelingt der KI-Kompetenzaufbau

Einige Unternehmen gehen bereits mit gutem Beispiel voran und zeigen, wie der Kompetenzaufbau gelingen kann:

  1. Führungskräfte als KI-Vorbilder: Ein Industrieunternehmen hat gezielt 100 Schlüsselpersonen geschult, die ihr Wissen als Multiplikatoren in die Organisation tragen​.
  2. Lernen durch Praxis: Ein Bankunternehmen setzt auf Job-Shadowing-Programme, bei denen Mitarbeitende von KI-Experten lernen – mit messbarem Erfolg: Teilnehmer konnten ihre Arbeitszeit für repetitive Aufgaben um 25 Prozent reduzieren​.
  3. Digitale Lernplattformen: Ein Technologiekonzern hat eine interne Plattform geschaffen, auf der Mitarbeitende KI-Modelle testen und sich austauschen können​.

Ohne KI-Kompetenzen keine Wettbewerbsfähigkeit

Die Studie zeigt klar: Unternehmen, die KI nicht aktiv in ihre Prozesse integrieren, verschenken wertvolle Chancen. Der Aufbau von KI-Kompetenzen ist kein optionales Zukunftsprojekt, sondern essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit.

Unternehmen sollten jetzt handeln und strategisch in Weiterbildung, Hochschulkooperationen und digitale Lernplattformen investieren. Nur so können sie nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern auch das volle Potenzial von KI ausschöpfen.

Detaillierte Einblicke und alle Ergebnisse der aktuellen Studie sind hier zu finden: Studie KI-Kompetenzen in Unternehmen.

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