Bankenfusion in Vorbereitung
Unicredit erhöht Commerzbank-Anteil auf 26 Prozent

| Redaktion 
| 25.08.2025

Die italienische Unicredit greift nach der Commerzbank – und rückt mit ihrer Beteiligung immer näher an eine Übernahme. Trotz massiven politischen Widerstands in Deutschland und scharfer Kritik aus dem Commerzbank-Management verfolgt Unicredit-Chef Andrea Orcel seinen Plan einer grenzüberschreitenden Bankenfusion unbeirrt weiter.

Mit der Aufstockung ihrer Beteiligung auf 26 Prozent macht Unicredit einen weiteren Schritt in Richtung einer möglichen Übernahme der Commerzbank. Während der deutsche Staat zunehmend an Einfluss verliert, setzt die italienische Bank auf Synergien im Privat- und Mittelstandsgeschäft – und könnte bald zur offiziellen Offerte gezwungen sein. Die Entwicklung lässt tief blicken in die Machtverschiebungen innerhalb der europäischen Bankenwelt und wirft gleichzeitig Fragen zur nationalen Kontrolle über systemrelevante Institute auf.

Machtverschiebung in der Eigentümerstruktur

Wie das Handelsblatt berichtet, hat Unicredit ihren direkten Anteil an der Commerzbank auf rund 26 Prozent ausgebaut. Möglich wurde dies durch die jüngste Umwandlung von Finanzinstrumenten in Aktien. Das Mailänder Institut kündigte zudem an, "zu gegebener Zeit" weitere Instrumente umzuwandeln. Damit könnte der Anteil auf bis zu 29 Prozent steigen. Ein Überschreiten der 30-Prozent-Marke würde rechtlich ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionär:innen nach sich ziehen – ein formeller Einstieg in den Übernahmemodus.

Die Bundesregierung zeigt sich alarmiert: Bundeskanzler Friedrich Merz betonte schriftlich gegenüber dem Betriebsrat der Commerzbank die Absicht, eine "starke und unabhängige Commerzbank" zu erhalten. Auch das Finanzministerium kritisierte die italienische Strategie als "unfreundlich" und "nicht abgestimmt". Der Vorwurf: Das Vorgehen der Unicredit sei nicht nur überraschend, sondern widerspreche auch gängiger Praxis unter europäischen Bankinstituten.

Ein weiteres bemerkenswertes Detail: Der Teilausstieg des Bundes im vergangenen Herbst – ursprünglich als Schritt zur Haushaltskonsolidierung gedacht – diente der Unicredit als Einstiegstor. Zunächst mit unter 10 Prozent beteiligt, sicherte sich die italienische Bank mithilfe komplexer Finanzinstrumente Zugriff auf weitere 19 Prozent. Der schrittweise Ausbau dieser Beteiligung scheint strategisch lange geplant gewesen zu sein.

Widerstand aus Frankfurt – und politische Fronten

Vorstand und Betriebsrat der Commerzbank stellen sich geschlossen gegen das Vorgehen aus Italien. Das Management rund um CEO Bettina Orlopp setzt weiterhin auf eine eigenständige Zukunft: Mit einem angestrebten Gewinnanstieg von 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 4,2 Milliarden Euro bis 2028 sowie einer geplanten Eigenkapitalrendite von 15 Prozent (nach 9,2 Prozent im Jahr 2024) will das Institut den Aktionär:innen Argumente gegen einen Verkauf liefern.

Orlopp hatte in Interviews mehrfach betont, dass man mit klaren Ergebnissen die Eigenständigkeit sichern wolle. Der Fokus liege auf Profitabilität, Digitalisierung und einem konsequenten Sparkurs. Zusätzlich sollen steigende Gewinnausschüttungen die Anteilseigner:innen langfristig an das Unternehmen binden. Doch der Kurs birgt Risiken: Der angestrebte Personalabbau und weitere Filialschließungen könnten intern für Unruhe sorgen – ein potenzieller Verstärker für Unicredits Argumentation.

Zudem befürchtet man im Falle einer Fusion massive Einschnitte: Filialschließungen, Stellenabbau und der Verlust an unternehmerischer Autonomie stehen als Schatten über dem möglichen Zusammenschluss mit der Hypovereinsbank – Unicredits bisherigem deutschen Ableger. Vor allem Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen warnen vor einem "Kahlschlag" im operativen Geschäft.

Aufsichtsbehörden geben grünes Licht

Während die politische Ebene mit Skepsis reagiert, zeigen sich die Aufsichtsbehörden gelassen. Sowohl das Bundeskartellamt als auch die Europäische Zentralbank haben der Erhöhung auf knapp unter 30 Prozent bereits zugestimmt. Kartellamtspräsident Andreas Mundt signalisierte kürzlich: "Wenn es zu einer Folgeentscheidung käme, sehe ich nicht, dass wir das anders sehen würden – die Maßstäbe sind immer dieselben."

Branchenkenner:innen werten diese Haltung als Hinweis darauf, dass regulatorisch wenig Widerstand zu erwarten ist. In einem europäischen Kontext könnten sich Regulatoren zudem eher förderlich zeigen, wenn es um grenzüberschreitende Konsolidierungen geht. Die EU hatte zuletzt mehrfach betont, man wolle wettbewerbsfähige europäische Banken schaffen, die international bestehen können.

Die Historie ähnlicher Transaktionen zeigt allerdings, wie komplex Bankenzusammenschlüsse in Deutschland verlaufen können: Die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank 2008 sowie die langwierige Integration der Postbank in die Deutsche Bank belegen, dass Fusionen selten reibungslos ablaufen. Ein 2019 angedachtes Projekt zur Verschmelzung von Deutscher Bank und Commerzbank als "nationalem Champion" scheiterte bekanntlich frühzeitig. Branchenintern gelten solche Prozesse als integrationsintensiv, teuer und oft kulturell problematisch.

Ob Unicredit mit dieser Ausgangslage die notwendige Rückendeckung aus dem Markt erhält, bleibt offen. Klar ist: Der europäische Bankensektor befindet sich im Umbruch, und der Trend zur grenzüberschreitenden Konsolidierung könnte sich beschleunigen – mit der Commerzbank im Epizentrum dieses Wandels.

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