"Ich bin all in"
Döpfner setzt auf Attacke: Springer Verlag soll seinen Wert verdoppeln

Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner stellt den Konzern auf einen radikalen Umbau ein. Binnen fünf Jahren soll sich der Unternehmenswert verdoppeln – getrieben von Künstlicher Intelligenz, neuen Geschäftsmodellen und einer strikten Rückkehrkultur ins Büro.

Der Fokus bleibe auf dem Kerngeschäft: Journalismus. "Mein Ziel ist, in den nächsten Jahren zu beweisen, dass der Journalismus das Beste noch vor sich hat", erklärt Döpfner im Interview mit dem manager magazin. Neben den Redaktionen sollen Marketingtöchter wie Idealo, Bonial und Awin die zweite Säule bilden. Erst an dritter Stelle prüft Springer neue Geschäftsmodelle, die auf Content, Reichweite und Technologie aufbauen.

Künstliche Intelligenz sieht Döpfner als zentralen Hebel: Übersetzung, Layout, Produktion oder Fotoauswahl könnten künftig verstärkt von Maschinen übernommen werden. "Das ist für uns eine großartige Nachricht, weil wir diese Ressourcen reinvestieren, um im Kern des Journalismus besser zu werden." Frei werdende Mittel sollen in investigative Recherche, Reportagen und Kommentare fließen.

KI ermögliche zudem personalisierte Medienangebote – ein Ansatz, der dem Journalismus neue Relevanz verleihen soll. Fehler durch KI-Nutzung wertet Döpfner nicht als Makel: "Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch Fehlerlosigkeit, sondern durch den offenen Umgang mit Fehlern."

Creator Economy im Visier

Parallel richtet Springer den Blick auf die Creator Economy. Stars wie MrBeast oder Cristiano Ronaldo erreichen weltweit Milliardenpublikum – ein Markt, von dem der Verlag profitieren will. "Wir müssen unseren journalistischen Superstars einen Raum geben, der über unsere Medienmarken hinausgeht", so Döpfner. Autor:innen wie Paul Ronzheimer oder Anne McElvoy sollen stärker als Persönlichkeiten wirken und Reichweite auf Plattformen wie YouTube oder TikTok aufbauen.

Nach dem Ausstieg von KKR ist Springer schuldenfrei, hochprofitabel und mit solidem Cashflow ausgestattet. Die klare Governance verschafft dem Verlag aus Döpfners Sicht Geschwindigkeit und Unabhängigkeit. "Unsere Limitation ist im Moment nicht das Geld, sondern unsere eigene Kreativität und Exzellenz." Eine Rückkehr an die Börse oder neue Investoren schließt er nicht aus.

Neue Regel: 80 Prozent Anwesenheitspflicht

Für Schlagworte wie ESG oder DE&I zeigt sich Döpfner skeptisch, verweist aber auf den hohen Anteil weiblicher Führungskräfte im Konzern. Deutlich strenger ist er beim Thema Homeoffice: 80 Prozent Anwesenheitspflicht gilt jetzt bei Springer. "Wir sehen in unseren Umfragen, dass Bereiche mit hoher Homeofficequote unzufriedener sind", sagt er. Persönliche Präsenz fördere Inspiration, Lernprozesse und Kreativität. "Dass man im Gespräch an der Kaffeemaschine mehr von anderen lernen kann, halte ich für genauso offenkundig wie die höhere Produktivität im virtuellen Arbeiten. Sie brauchen eben beides."

Print bleibt, solange es sich lohnt

Trotz der Krise im Zeitungsgeschäft hält Springer an Print fest. KI habe die Produktion der "Welt" günstiger gemacht und so deren Lebensdauer verlängert. "Wir hängen nicht aus Nostalgie am Printprodukt, sondern so lange, wie es im Zusammenspiel mit Digital wirtschaftlich sinnvoll ist."

Döpfner selbst sieht sich am Beginn der "spannendsten Phase" seiner Karriere. Ohne externe Investoren und mit maximaler Eigenverantwortung wolle er Axel Springer durch das KI-Zeitalter führen. "Ich möchte meinen Mitarbeitern den Aufbruchsgeist vermitteln, den ich selbst spüre", sagt er – und betont sein persönliches Commitment: "Ich bin noch existenzieller als vorher von dem Wohlergehen dieses Unternehmens abhängig. Ich bin all in."

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