Google, Netflix, Beatles, Telefon, Kamera
Deal abgelehnt: Fünf Fehlentscheidungen, die Milliarden gekostet haben

| Redaktion 
| 28.04.2025

Um Großartiges zu erreichen, muss man selbst Unglaubliches leisten? Nicht unbedingt: Im Laufe der Geschichte haben einige Menschen revolutionäre Einnahmequellen quasi auf dem Silbertablett serviert bekommen – und sich dagegen entschieden. Wir blicken auf fünf historische Fälle aus der Kategorie "Am meisten bereut man die Deals, die man nicht gemacht hat" zurück.

  • Decca Records lehnt The Beatles ab

Die wohl berühmteste Fehlentscheidung der Musikgeschichte ereignet sich im Februar 1962, nachdem vier junge Männer – Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Pete Best, Ringo Starrs Vorgänger an den Drums – bei Decca Records vorgespielt haben. Das nervöse Quartett hat sich seine Sporen bis dahin vor allem als Liveband in Hamburg oder Liverpool verdient und betritt am Neujahrstag ’62 erstmals ein echtes Tonstudio.

Das 15 Songs starke Ergebnis überzeugt die Label-Verantwortlichen nicht ausreichend, sodass sie seinerzeit lieber Brian Poole & The Tremeloes einen Plattenvertrag anbieten. Legendär ist die Einschätzung von Dick Rowe, Leiter der A&R-Abteilung bei Decca, für den "Gitarrenbands aus der Mode geraten“ waren. Brian Poole & The Tremeloes gelingen im heimischen England mehrere Top-Ten-Singles.

The Beatles wiederum starten 1963 eine beispiellose Erfolgsgeschichte und revolutionieren die Musikwelt in den folgenden sieben Jahren wie keine andere Band vor oder nach ihnen. So ließ sich Decca nicht nur etliche Milliarden durch verkaufte Tonträger oder Merchandise, sondern auch den einzigartigen kulturellen Einfluss der Fab Four entgehen, der Menschen bis heute inspiriert.

  • Western Union lehnt das Telefon ab

Im Jahr 1876 markiert die Erfindung des Telefons durch Alexander Graham Bell einen Wendepunkt in der Geschichte der Kommunikation. Der schottisch-amerikanischer Erfinder und Sprachwissenschaftler entwickelt das Telefon ursprünglich im Rahmen seiner Arbeit zur Verbesserung der Telegrafentechnologie. Nach der erfolgreichen Demonstration des ersten funktionierenden Geräts am 10. März erkennt er das enorme Potenzial seiner Entdeckung.

Anders als Western Union: Das damals dominierende Telegrafenunternehmen in den USA erhält von Bell das Angebot, die Technologie samt dem dazugehörigen Patent für die beträchtliche Summe von 100.000 US-Dollar (entspricht nach heutigem Kurs 2,8 bis drei Millionen) zu kaufen.

Allerdings können sich WU-Präsident William Orton und sein Management nicht ausmalen, dass die Übertragung der menschlichen Stimme über Drähte jemals den etablierten Telegrafen ersetzen könnte. Die Entscheidung gilt heute als Paradebeispiel für einen Marktführer, der disruptive Technologien unterschätzt, weil er den Status quo bewahren möchte.

1892: Alexander Graham Bell führt das erste Ferngespräch von New York nach Chicago (Bild: Public Domain / Gilbert H. Grosvenor Collection, Library of Congress)
1892: Alexander Graham Bell führt das erste Ferngespräch von New York nach Chicago (Bild: Public Domain / Gilbert H. Grosvenor Collection, Library of Congress)

Für Bell geht die Geschichte gut aus: Nach der Ablehnung durch Western Union gründet er die Bell Telephone Company, die die heute selbstverständliche Telefontechnologie kommerzialisiert. Das Unternehmen entwickelt sich später zur American Telephone and Telegraph Company (AT&T), die über Jahrzehnte hinweg das größte Telekommunikationsunternehmen der Welt wird.

  • Yahoo lehnt Google ab

In den späten 1990er-Jahren führt im Internet kaum ein Weg an Yahoo vorbei. Das Unternehmen dominiert das junge Umfeld mit seinem Webportal, das Suchfunktionen, E-Mail, Nachrichten und andere Dienste kombiniert. Mit Millionen von Nutzern und einer Marktkapitalisierung im Milliardenbereich ist Yahoo der Inbegriff des Dotcom-Booms.

Insofern ist Yahoo 1998 auch ein logischer Ansprechpartner für Larry Page und Sergey Brin, die eine von ihnen entwickelte Suchmaschinen-Technologie an ein etabliertes Unternehmen verkaufen möchten. Zum Preis von einer Million US-Dollar bieten Page und Brin ihre Erfindung namens Google an, die Yahoos Suchfunktion angeblich erheblich verbessern könne.

Sergey Brin (Mitte) und Larry Page (rechts) im Jahre 2008; links Eric Schmidt (Bild: Joi Ito nach CC BY 2.0)
Sergey Brin (Mitte) und Larry Page (rechts) im Jahre 2008; links Eric Schmidt (Bild: Joi Ito nach CC BY 2.0)

Yahoo lehnt jedoch ab, da es die Zukunft eher in allumfassenden Webportalen und weniger in Suchdiensten sieht. Zudem unterhält es bereits Partnerschaften mit anderen Anbietern und sieht daher keinen dringenden Bedarf, eine weitere Technologie zu integrieren. Das Potenzial von Googles PageRank-Algorithmus, der die Grundlage für eine völlig neue Art der Informationserschließung im Internet legen sollte, erschließt sich den Verantwortlichen offenbar nicht.

Heute beläuft sich die Marktkapitalisierung von Googles zwischenzeitlich gegründeter Muttergesellschaft Alphabet auf knapp zwei Billionen US-Dollar, während Yahoo im Jahre 2017 für 4,5 Milliarden US-Dollar von Verizon aufgekauft wird und heute keine nennenswerte Rolle im Tech-Business mehr spielt.

  • Blockbuster lehnt Netflix ab

In einem ganz ähnlichen Zeitrahmen kämpft der 1997 gegründete DVD-Versanddienst Netflix mit finanziellen Herausforderungen. Also wenden sich die Gründer Reed Hastings und Marc Randolph an John Antioco, den CEO von Blockbuster – der Anbieter, der die Videoverleihbranche um die Jahrtausendwende mit über 9000 Filialen weltweit dominiert. Netflix ist für 50 Millionen US-Dollar zu haben und schlägt im selben Atemzug vor, Blockbusters Online-Plattform zu betreiben, um die digitale Präsenz des Unternehmens zu stärken.

Der damalige Branchengigant lehnt ab, da er den Preis für zu hoch und das Netflix-Versandmodell für nicht attraktiv genug hält. In einer Anwandlung, die an Western Union erinnert, wollen die Verantwortlichen darauf bauen, dass Kunden stationäre Videotheken auf absehbare Zukunft bevorzugen. Streaming ist in einer Zeit, in der raubkopierte Filme teils über Tage heruntergeladen werden müssen, noch kein Thema.

Ab 2007 ebnet sich Netflix genau dadurch allerdings den Weg zum heutigen Status als Unterhaltungsriese mit einer Marktkapitalisierung von derzeit etwa 466 Milliarden US-Dollar. Aus der Freizeitgestaltung von Abermillionen ist der Streaming-Service heute nicht mehr wegzudenken. Die Abwesenheit von Blockbuster muss man sich hingegen nicht aufwändig vorstellen: Das Unternehmen meldet 2010 Insolvenz an; die letzte Filiale wird in Bend, Oregon als eine Art nostalgische Touristenattraktion betrieben.

  • Kodak ignoriert die Digitalkamera

Streng genommen behandelt unser letzter Eintrag keinen abgelehnten Deal, sehr wohl jedoch eine verpasste Gelegenheit in Übergröße: Bereits 1975 entwickelt der Ingenieur Steve Sasson die erste Digitalkamera für Kodak, die Bilder ohne Film aufzeichnen kann. Die zuständigen Führungskräfte stoppen das Projekt jedoch, da sie befürchten, dass die Technologie den profitablen Filmrollensektor gefährden könnte – eine durchaus legitime Annahme.

Allerdings machen sie die Rechnung ohne Konkurrenten wie Canon und Sony, die das Prinzip in den 1990er-Jahren ihrerseits etablieren und Digitalkameras zum neuen Standard erheben, während analoge Fotografie mehr und mehr zur Beschäftigung für Hobbyisten wird. Kodak meldet 2012 Insolvenz an – obwohl das Unternehmen die Technologie, die zur eigenen Abwärtsspirale führen sollte, einst selbst in der Hand hatte.

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