Plattformen machen gegen Fake-Bewertungen mobil

HolidayCheck & Co. wollen mit einer Initiative auf Bewertungsbetrug aufmerksam machen – EU-Richtlinie sorgt am Monatsende für neue Vorgaben.

Monatelang wird ein Strandhotel auf einem Reiseportal von User:innen schlecht bewertet. Plötzlich wendet sich das Blatt und das Haus wird in den höchsten Tönen gelobt – und das obwohl es in Wahrheit eine versiffte Bruchbude ist. Ein klarer Fall von Fake-Bewertungen, vorgenommen von Firmen wie Fivestar Marketing, Trustpilot, Appsally oder Rebatest.

Schönfärberei im Netz

Die Unternehmen sind auf Schönfärbereien im Internet spezialisiert. Die Agenturen garantieren ihren Kunden eine Imagepolitur indem sie diese auf Plattformen mit Lobeshymnen überschütten. Letztere werden zu Fixpreisen offeriert, die pro Eintrag schon ab wenigen Euros zu haben sind. Wobei sie zunehmend nicht mehr von Menschen, sondern von Künstlicher Intelligenz getextet werden.

Kundenbewertungen sind für Online-Shops bzw. Plattformen und freilich auch für die User:innen extrem wichtig. Doch die Betrügereien damit haben in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Eigens spezialisierte Firmen offerieren ihre zweifelhaften Dienste. Meist operieren sie im Ausland, was es schwer macht sie juristisch zu belangen. Die EU hat sich des Problems angenommen und eine Richtlinie mit Vorgaben für Online-Bewertungen erlassen. Demnach müssen Plattformen, die Bewertungen auf ihrer Seite ermöglichen, ab Ende Mai darüber informieren, ob und wie sie dafür sorgen, dass es sich um echte Rezensionen handelt.

EU-Richtlinie: Gut aber nicht gut genug

Daneben haben Plattformbetreiber die Initiative "Gemeinsam gegen Fakebewertungen" angestoßen. Das Reiseportal HolidayCheck ist federführend, dazu machen noch 15 andere Unternehmen und Verbände mit, darunter der Händlerbund, Kununu, VDE, DER Touristik oder Jameda. Ziel der Aktion ist, auf die gefälschten Bewertungen aufmerksam zu machen und Lösungswege aufzuzeigen. Die neue EU-Richtlinie wird von den Beteiligten positiv aufgenommen, gehe aber noch nicht weit genug, wie Georg Ziegler vom Urlaubsvermittler HolidayCheck im Handelsblatt kommentiert: "Das Schwert ist maximal ein Brotmesser."

Denn das neue Gesetz bringe keine neuen Instrumente gegen Betrüger mit sich. Einer der Knackpunkte ist der Sitz der Betrügerfirmen im Ausland. Denn diese wurden zwar schon von heimischen Gerichten zu Ordnungsgeldern verdonnert. Nur ließen sich diese nicht vollstrecken. Mal könnte man die Urteile nicht an die Adresse zustellen, dann änderten die Adressierten den Firmensitz. Tatsächlich zur Kasse kommen sie in der Regel jedenfalls nicht. Mehr nützen würde es in den Augen der Betroffenen Fake-Bewertungen unter Strafe zu stellen. Das Strafrecht hätte eine stärkere Abschreckungs-Wirkung und würde neben den Portalen auch die Behörden in der Sache in die Pflicht nehmen.

User:innen selbst am Zug

Am Ende bleibt es den User:innen wohl selbst überlassen, einzuschätzen ob eine Bewertung echt ist oder nicht. Verbraucherschützer raten dazu, mehrere Plattformen gleichzeitig zu prüfen. Mittlere Bewertungen seien oft die vertrauenswürdigsten.

 

Update vom 22. November 2022: Anwalt.org, das Ratgeberportal über Recht und Gesetz, hat kürzlich einen Artikel veröffentlicht, indem erläutert wird, was Betroffene gegen Fake-Bewertungen im Internet tun können.

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