Verkehrswende
Geringe Nachfrage, hohe Kosten: Sixt hadert mit Elektroautos

Elektromobilität verzeichnet enttäuschende Nachfrage und ihr Angebot führt dementsprechend zu Verlusten: Bei Autovermieter Sixt ergibt sich kein allzu erbauliches Zwischenfazit zur Verkehrswende. Dem Co-CEO zufolge herrschen "ganz andere Bedingungen“ als noch vor zwei Jahren, sodass gesteckte E-Ziele inzwischen offen hinterfragt werden.

Als der Autovermieter Sixt im März seine Geschäftszahlen für 2023 veröffentlicht, überwiegt Freude und Zuversicht: Mit einem Konzernumsatz von 3,62 Milliarden Euro und einem Wachstum von 18 Prozent kann zum zweiten Mal in Folge ein Allzeithoch erreicht werden, während 464,3 Millionen Euro als Ergebnis vor Steuern (EBT) diesbezüglich das zweitbeste Abschneiden der Unternehmensgeschichte bedeuten. Die seinerzeit rekordbrechenden Vor-Corona-Werte von 2019 werden dadurch um mehr als 50 Prozent übertroffen.

Schon damals deutet Co-CEO Alexander Sixt jedoch an, dass der sprichwörtliche Schuh auch in seinem Unternehmen hier und da drückt: "Unser Ergebnis ist umso bemerkenswerter in Anbetracht der sich im Jahresverlauf deutlich verschlechternden Marktbedingungen beim Thema E-Mobilität, einem steigenden Zinsniveau sowie fortgesetzter hoher Investitionen.“

Mangelnde Nachfrage kostet Millionen

Im Bericht zu den Geschäftszahlen beklagt Sixt den bemerkenswerten Preisverfall für elektrische Fahrzeuge. Dieser habe zu sinkenden Restwerten, erhöhten Abschreibungen, Verlusten aus Fahrzeugverkäufen und letztlich zu einer Ergebnisbelastung in Höhe von etwa 40 Millionen Euro geführt. Insgesamt habe E-Mobilität "vielerorts noch nicht die von der Politik gewünschte Dynamik entfaltet“.

Die hinter ursprünglichen Erwartungen zurückbleibende Nachfrage im Vergleich zu Verbrennern hat bei Sixt eigener Ansicht nach "entgangene Umsätze in substanzieller Höhe“ verursacht. Tatsächlich geht der Autovermieter davon aus, dass man das Rekord-EBT aus 2022 ohne diese beiden Effekte rund um elektrisch betriebene Autos übertroffen hätte.

"Auch künftig werden elektrische Fahrzeuge Teil der SIXT-Flotte sein“, versichert das Unternehmen im frühen März nichtsdestotrotz und ordnet gleichzeitig ein: "Die konkrete Ausgestaltung der weiteren Entwicklung erfordert jedoch ein hohes Maß an Flexibilität. Der alles entscheidende Faktor ist, was Kunden in welchem Ausmaß nachfragen.“

E-Flotte: Klein und trotzdem unausgelastet

Knapp zwei Monate später hat sich Alexander Sixt nun dem Handelsblatt gegenüber konkreter zum Stand von E-Mobilität und der Zukunft der eigenen Flotte geäußert. "Zwischen Sommer 2022 und März 2024 sind die Restwerte für batterieelektrische Fahrzeuge in Deutschland im Schnitt um rund 40 Prozent gefallen. An solch einen Wertverlust kann ich mich nicht erinnern“, schildert der Co-CEO.

CO-CEO Alexander Sixt (Bild: Sixt)

"Viele Kunden sind durchaus neugierig und zugleich ist es unser Anspruch, neue Technologien zu erproben und unseren Kunden zur Verfügung zu stellen“, sagt er. Dabei sei Sixt aus kaufmännischer Sicht angemessen vorsichtig vorgegangen – und obwohl er von einem "verhältnismäßig geringen Elektroanteil in der Flotte“ spricht, ist er auch mit dessen Auslastung offenkundig unzufrieden.

"Letztlich ein nachlaufender Akteur“

Auch auf das Unternehmensziel, bis 2030 weitgehend auf Elektroautos umgestellt zu haben, will sich Alexander Sixt aktuell nicht verbindlich festlegen, schließlich sei diese Angabe "unter ganz anderen Bedingungen ausgegeben“ worden.

Beispielhaft nennt er das damals für sicher gehaltene Verbrennerverbot im Jahre 2035 und erklärt: "Wir sehen ja auch heute schon, dass Hersteller verstärkt ankündigen, nun auch nach 2030 noch Verbrenner anbieten zu wollen. Das alles ist kein Abgesang auf die Elektromobilität – aber der Verbrenner soll wohl länger eine Chance erhalten. Ich persönlich glaube, dass diese Debatte jetzt realistischer geführt wird und weniger ideologisch.“

Schon im Zuge der veröffentlichen Geschäftszahlen wies das Unternehmen darauf hin, dass man als Autovermieter "letztlich ein nachlaufender Akteur“ sei, der sich nach den langfristigen Strategien etablierter Hersteller richten muss.

Am Ende des Tages spielt der tatsächlich in der Bevölkerung existierende Bedarf dabei die klassische Hauptrolle, wie Alexander Sixt auch im Handelsblatt-Interview nahelegt: "Leider müssen wir aktuell akzeptieren, dass sowohl der Kauf von Elektrofahrzeugen als auch die Nachfrage nach elektrischen Mietfahrzeugen hinter den Erwartungen liegt. Das heißt nicht, dass wir uns von der E-Mobilität verabschieden. Das heißt aber, dass wir Elektroautos reduzieren müssen.“

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