Charly & Christina Stahl: "Wir streben Qualität an, die man von Luxustaschen kennt“

| Dagmar Zimmermann 
| 12.12.2023

Teamwork makes the dream work! Charly und Christina Stahl haben gemeinsam das Handtaschenlabel AMELI gegründet. ER kümmert sich um Finanzen und Rechtliches, SIE verantwortet die kreativen Parts im Unternehmen, rund um Design & Marketing. Eine prominente Markenbotschafterin von AMELI ist Microsoft-Managerin Annahita Esmailzadeh, mit der jüngst eine Tasche gelauncht wurde. Wie es den beiden Gründern aus Zürich gelingt, privat und beruflich erfolgreich zu sein, verraten sie im LEADERSNET-Interview.

LEADERSNET: Sie haben als Paar gegründet, ist das Fluch oder Segen?

Charly Stahl: Wie so oft beides! Durch die intensive Zeit einer Start-up-Gründung und den vielen gemeinsamen Stunden, haben wir einander sehr gut einschätzen gelernt, mit allen Stärken und Schwächen. Dadurch führen wir eine sehr intensive Beziehung, was ich erstrebenswert finde. Gleichzeitig ist jedoch auch wichtig, dass es noch ein privates Leben gibt. Genau wie beim Start-up ist das Arbeit!

LEADERSNET: Wie lässt sich Berufliches und Privates trennen? Gibt es feste Regeln?

Charly Stahl: Ich glaube nicht an feste Regeln. Wie im Beruflichen machen wir einen Plan und dann kommt doch die "Realität“. Wir versuchen immer wieder bewusst Zeit füreinander zu nehmen. Wenn jedoch das Berufliche einen so beschäftigt, dass man nicht entspannen kann, sehe ich es als großen Luxus, mit meinem Partner darüber zu sprechen und sicherzugehen, dass er einen Großteil des Kontextes schon hat.

LEADERSNET: Wie sind die Rollen verteilt?

Charly Stahl: Im Business übernimmt Christina alles, was nach außen ersichtlich ist. Das bedeutet, sie ist zuständig für Marketing, Branding, die Website und das Produktdesign. Ich hingegen bin eher im Hintergrund tätig und kümmere mich unter anderem um die Finanzen und alles Rechtliche. So kann jeder von uns seine eigenen Stärken am besten einbringen.

LEADERSNET: Sie sind ein Label, das mit seinen Handtaschen für Female Empowerment steht. Muss man als Mann dazu Male Allyship leben, Herr Stahl?

Charly Stahl: Ich wurde von meiner Mutter sehr genderneutral erzogen. In meinem Studium und Berufsleben konnte ich durch verschiedene Stationen, wie zum Beispiel einem Auslandssemester in Schweden, viel mitnehmen. Gerade in den skandinavischen Ländern ist man uns weit voraus. Auch mein letzter Arbeitgeber hat großen Wert auf gleiche Möglichkeiten gelegt. In meiner Bachelorarbeit habe ich mich mit den Genderquoten in Verwaltungsräten beschäftigt, was definitiv wachrüttelnd war. Diese Erfahrungen, aber natürlich auch die Erfahrungen meiner Frau oder anderer Frauen, haben meine Haltung geschärft. Wenn es ein strukturelles Problem gibt, muss dieses umgehend adressiert werden. Also, um abzuschließen: Ja, wir – gerade auch als Männer – sollten hier Haltung beziehen.

LEADERSNET: Wie tun Sie das im Alltag?

Charly Stahl: Als Start-up ist die erste Maxime immer zu überleben. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir bei AMELI 9 von 10 Vollzeitpositionen an Frauen vergeben (ohne Lohndiskriminierung, versteht sich). Ich ermutige alle Frauen in meinem Team, in den individuellen Feedbackgesprächen mutig und selbstbewusst ihre Leistungen und Errungenschaften zu vertreten und sich nicht zu verstecken. Dabei ist es mir wichtig, sie in ihren persönlichen Zielen so weit ich das als Führungskraft kann, zu unterstützen.

LEADERSNET: Braucht es mehr Männer, die das tun?

Charly Stahl: Es braucht definitiv mehr Personen, die mit Empathie und Transparenz führen, Ungerechtigkeiten offen ansprechen und sich offen in den Dialog begeben –und das unabhängig vom Geschlecht! Aufgrund der bestehenden Lücken ist es für mich umso wichtiger, dies bewusst in meinem durchweg weiblichen Team durchzusetzen!

LEADERSNET: Annahita Esmailzadeh ist eine Ihrer Botschafterinnen – erst vor wenigen Wochen haben Sie eine gemeinsame Handtasche mit ihr gelauncht. Was hat Annahita, was andere nicht haben?

Christina Stahl: Annahita ist eine wahnsinnig tolle Frau! Die Zusammenarbeit mit ihr war total einfach. Bei uns hat es direkt geklickt, und es brauchte keine fancy Slides. Stattdessen konnten wir uns einfach und unkompliziert über WhatsApp abstimmen. Das hat jedoch den Anspruch an unsere Arbeit nicht geschmälert, denn genauso wie wir bei AMELI ist auch bei Annahita immer der Drang da, das Produkt und die Zusammenarbeit zu challengen und zu verbessern.

LEADERSNET: Nun ist Annahita Esmailzadeh eine Frau, die über ihren sozialen Aufstieg spricht. Ihre Taschen zeugen auch von sozialem Aufstieg, weil sie recht hochpreisig sind. Wie passt das zusammen?

Christina Stahl: Generell kann man schon sagen, dass wir uns im Premiumbereich befinden. Was sich allerdings in unserem Fall hinter den Preisen "versteckt”, sind unsere Werte. Wir haben eine transparente Supply Chain und Preissetzung, produzieren unter fairen Arbeitsbedingungen in Italien und verwenden hochwertige Materialien. Wir möchten mit Integrität langlebige Produkte erschaffen. Mit dem, was wir tun, möchten wir einen positiven Beitrag zur Mode-Industrie leisten. Und genau deswegen passen wir, meiner Meinung nach, so gut zu Annahita, weil sie sich ebenso aktiv für Themen stark macht, die ihr am Herzen liegen und zu einer positiven Veränderung beiträgt.

Was den preislichen Aspekt betrifft: Ich bin mir absolut bewusst, dass unsere Taschen in einem Preissegment liegen, das für viele eine Investition erfordert. Deswegen bieten wir zwei bis drei Mal im Jahr SECOND LOVE SALES an, bei denen wir Taschen mit kleinen Mängeln zu reduzierten Preisen anbieten. Ergänzen möchte ich noch: Wenn man berücksichtigt, dass ein Kleidungsstück im Durchschnitt nur vier Mal getragen wird und unsere Tasche über mehrere Jahre hinweg eine täglich treue Begleiterin ist, ist der Cost per Wear für unsere Taschen sehr viel geringer als der von vielen, auf den ersten Blick, günstigeren Produkten.

LEADERSNET: Wie wichtig sind Botschafterinnen wie Annahita Esmailzadeh für Ihre Marke?

Christina Stahl: Annahita als Botschafterin zu haben, ist für uns natürlich eine unfassbare Ehre. Generell sind aber unsere wichtigsten Botschafter:innen unsere Kund:innen selbst. Über 25 Prozent unserer Kund:innen kommen auf Empfehlung von Freund:innen zu uns. Wir bekommen so oft gespiegelt, dass unsere Kund:innen auf die Taschen angesprochen wurden, aufgrund der Tasche ins Gespräch mit anderen Leuten kommen oder einfach ihrem Umfeld begeistert davon erzählen. Darauf sind wir unfassbar stolz, und das ist natürlich die beste Art von Marketing, die man sich wünschen kann.

LEADERSNET: Sehen Sie sich als Mitbewerber zu Luxus Marken wie Gucci oder Prada? Wie überzeugen Sie die kaufkräftige Kund:innen?

Christina Stahl: Qualitativ streben wir eine Handwerkskunst und Langlebigkeit an, die man von Luxustaschen kennt. Aber bei der Gucci Diana oder auch der Prada Galleria, die unseren Laptoptaschen am nächsten kommen, reden wir preislich von 4000 bis 6000 Euro unsere Taschen kosten ein Zehntel davon. Unsere Kundinnen sind zum Glück sehr divers, aber den Großteil überzeugen wir durch die Verbindung von Funktionalität und elegantem, minimalistischem Design. Diese Kombination gibt es so noch nicht im Handtaschenbereich – auch nicht im Premiumsegment. Hier sind wir definitiv First-Mover.

LEADERSNET: Stichwort Netzwerke: Wie wichtig sind diese?

Christina Stahl: Tatsächlich erkenne ich immer mehr, wie wichtig diese sind. Am Anfang hatte ich das etwas unterschätzt, aber man bekommt bei jedem Austausch sehr wertvollen Input – sei es zur beruflichen Entwicklung, zum Wachstum von AMELI oder auch generell zur persönlichen Weiterentwicklung. Dabei profitiert man enorm voneinander und ich mag es sehr, wenn man gemeinsam besser wird.

LEADERSNET: Wie schafft man es, auch außerhalb der Female-Empowerment-Bubble Kund:innen zu erreichen?

Christina Stahl: Generell glaube ich, dass wir erst in letzter Zeit stark in der Female Empowerment Bubble vertreten sind – angefangen haben wir eigentlich mit Frauen aus der Beratung, weil wir da aufgrund unserer Zeit in der Beratung schon viele kannten. Inzwischen versuchen wir über unterschiedliche Marketing Kanäle unsere Kund:innen zu erreichen – sei es über Performance Marketing im Paid Social Bereich, der Zusammenarbeit mit Influencern, PR oder auch über Zusammenarbeiten mit größeren Firmen, die unsere Produkte als Firmengeschenke nutzen. Vor allem, wenn man wie wir bootstrapped ist, also keine Fremdfinanzierung hat, ist es glaube ich super sinnvoll, mit Marketingaktionen anzufangen, die in irgendeiner Form messbar sind, um abschätzen zu können, "wie viel” eigentlich dabei rumkommt und ob sich die Investitionen lohnen.

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