ID.1 im Wintercheck
Volkswagen und Rivian starten erste Wintertests für neue Fahrzeugsoftware

| Redaktion 
| 13.11.2025

Trotz technischer Herausforderungen und anfänglicher Spannungen läuft das Software-Joint-Venture zwischen Volkswagen und Rivian besser als erwartet. Jetzt beginnt die kritische Phase: Die neue Fahrzeugsoftware wird erstmals unter Extrembedingungen getestet – im Mittelpunkt steht dabei der ID.1, VWs nächstes großes Elektroauto für den Massenmarkt.

Ein Jahr nach der Gründung ziehen Volkswagen und Rivian eine positive Zwischenbilanz für ihr Gemeinschaftsunternehmen RV Tech. Die Kooperation markiert einen Wendepunkt in VWs Softwarestrategie. Der erste Härtetest für die neue Fahrzeugarchitektur beginnt nun im Wintereinsatz – mit großem Fokus auf das Einstiegsmodell ID.1.

Strategischer Richtungswechsel bei VW

Nachdem die VW-Softwaretochter Cariad jahrelang hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, setzte Konzernchef Oliver Blume auf externe Partnerschaften. In China kooperiert Volkswagen mit Xpeng, für den westlichen Markt wurde 2024 gemeinsam mit Rivian das Joint Venture "Rivian and Volkswagen Group Technologies" (RV Tech) gegründet.

Dieses konzentriert sich auf die Entwicklung zonaler Elektronikarchitekturen und Software für sogenannte "Software-Defined Vehicles" (SDV). Ziel ist eine modulare Plattform, die sich über Jahre hinweg per Over-the-Air-Updates aktuell halten lässt – ein Muss im Wettbewerb um digitale Kundenbindung.

Das SDV-Konzept ermöglicht es, Fahrzeuge auch nach der Auslieferung kontinuierlich weiterzuentwickeln, etwa durch neue Assistenzsysteme, Infotainment-Funktionen oder Optimierungen im Energiemanagement. Volkswagen positioniert sich damit in einem zunehmend datengetriebenen Mobilitätsmarkt neu. Laut Branchenschätzungen sollen bis 2030 über 70 Prozent der Fahrzeuginnovationen softwarebasiert sein.

Wie VW und Rivian voneinander profitieren

Laut eines Berichts von electrive.net schreitet die Entwicklung der Software für SDVs gut voran. Die im Rahmen von RV Tech entwickelten Lösungen sollen ab 2026 in Rivians neuem Mittelklasse-SUV R2 sowie ab 2027 in den VW-Modellen auf Basis der neuen MEB+-Plattform eingesetzt werden. Besonderes Augenmerk liegt auf dem ID.1, dem Nachfolger des VW e-Up, der in Europa gegen Modelle wie den Renault Twingo E-Tech antreten soll – erste seriennahe Details zu Design und Konzept wurden bereits öffentlich.

Dieses Einstiegsmodell hat bereits im Sommer verschiedene Tests in Kalifornien absolviert – nun folgen intensive Wintertests in Europa. Auch Audi und Scouts neue Modelle beteiligen sich an den Kältetests. Das Ziel: Validierung der Software unter realen Extrembedingungen.

Mit dem Wintertest startet auch eine umfangreiche Datenerhebung zur Performance der Systeme bei Schnee, Eis und Minusgraden. Dabei werden sowohl Fahrdynamik als auch Softwarestabilität und Update-Fähigkeit unter widrigen Bedingungen geprüft. Diese Ergebnisse fließen in die Serienfreigabe und die Anpassung an unterschiedliche internationale Märkte ein.

Welche Rolle spielt die Software im Marktzugang?

Die Entscheidung, neue Technologien zuerst im Einstiegssegment auszurollen, ist strategisch motiviert. So wird ein breiter Markt adressiert, während Premium-Modelle später nachziehen. Insgesamt plant Volkswagen, bis zu 30 Millionen Fahrzeuge auf der neuen Plattform auszuliefern. Auch für Rivian ist die Skalierbarkeit entscheidend.

Die technologische Basis – bestehend aus zentralisierten Steuergeräten, vernetzter Sensorik und flexiblen Update-Strukturen – erlaubt eine stärkere Differenzierung innerhalb des Modellportfolios. VW kann so digitale Dienste, Fahrerassistenzsysteme oder Infotainment je nach Markt und Zielgruppe gezielt anbieten oder freischalten.

"Mit hoher Geschwindigkeit wird dort die Architektur für unsere künftigen software-definierten Fahrzeuge entwickelt. Alle Schritte zur Erreichung unserer gesetzten, ambitionierten Ziele werden entschlossen und fokussiert umgesetzt", so Oliver Blume.

RJ Scaringe, CEO von Rivian, ergänzt: "RV Tech hat sich in den vergangenen zwölf Monaten stark entwickelt und wird neue Referenzen in der automobilen Technologie setzen."

Auch in puncto Personal wächst das Joint Venture weiter: Inzwischen zählt RV Tech rund 1.500 Mitarbeiter:innen weltweit. Gesucht werden vor allem Fachkräfte in den Bereichen Softwareentwicklung, Cybersicherheit, Cloud-Systeme und Systemarchitektur. Die Entwicklungsteams arbeiten überwiegend in Kalifornien, Berlin und München – koordiniert über agile Strukturen und mit kurzen Feedbackzyklen.

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