Skepsis vs. Aufgeschlossenheit: Metaverse spaltet die deutsche Wirtschaft

| Alexander Schöpf 
| 26.10.2022

Fast die Hälfte der Unternehmen plant aber Investitionen in den kommenden fünf Jahren in die virtuelle Welt.

Beim Metaverse zeigt sich die deutsche Wirtschaft gespalten: Skepsis und Aufgeschlossenheit halten sich die Waage. Rund jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) steht dem Thema generell interessiert und aufgeschlossen gegenüber, ähnlich viele (29 Prozent) aber kritisch und ablehnend. 34 Prozent sind noch unentschieden.

Jedes Vierte (26 Prozent) sieht im Metaverse eine Chance für das eigene Unternehmen, jedes Fünfte (20 Prozent) ein Risiko. Ein Drittel (33 Prozent) geht davon aus, dass das Metaverse keinen Einfluss auf das eigene Unternehmen hat, 21 Prozent trauen sich noch keine Einschätzung zu. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

Revolution des Internets oder kurzfristiger Hype?

Eine knappe Mehrheit (58 Prozent) ist allerdings der Meinung, dass das Metaverse das Internet deutlich verändern werde und eine Vielzahl neuer Geschäftsmöglichkeiten biete. 42 Prozent halten es aber für einen kurzfristigen Hype, der die Erwartungen nicht erfüllen und bald wieder verschwinden werde.

"Das Metaverse setzt auf einer Vielzahl vergleichsweise junger Technologien auf, wie etwa der Blockchain oder auch Virtual Reality. In der Tech-Szene erwarten so Manche eine regelrechte Revolution des Internets. Ob sich dies bewahrheitet, ist derzeit völlig offen", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "Wichtig ist, dass die deutschen Unternehmen dieser Technologie offen gegenüberstehen und sehr aufmerksam beobachten, wie sie sich entwickelt und was sie ihnen bieten kann."

Diese Vorteile erhoffen sich Unternehmen

Die deutschen Unternehmen sehen eine Reihe von Vorteilen, die eine Nutzung des Metaverses bringen kann. Jedes Zweite (49 Prozent) hält eine bessere Zusammenarbeit innerhalb von Unternehmen für möglich, etwa über virtuelle Konferenzen. Mehr als jedes Dritte (37 Prozent) sagt, das Metaverse ermögliche, völlig neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

Für das eigene Unternehmen können sich die Befragten vor allem virtuelle Meetings zur unternehmensinternen Zusammenarbeit, virtuelle Unternehmensrepräsentanzen und Schulungen von Mitarbeiter:innen im Metaverse (jeweils 44 Prozent) vorstellen. Aber auch Teambuilding-Events (41 Prozent), Produktpräsentationen (39 Prozent) und Produktverkäufe (35 Prozent) gelten als interessant. Kaum ein Unternehmen (2 Prozent) hält direkte Investitionen ins Metaverse wie etwa mit virtuellen Landkäufen für interessant. Vier von zehn Unternehmen (40 Prozent) können sich derzeit ganz grundsätzlich keine lohnende Aktivität im Metaverse vorstellen.

In der deutschen Wirtschaft wird das Metaverse aktuell vor allem für die Freizeit- und Gaming-Branche als interessant eingeschätzt (65 Prozent). Eine Mehrheit hält es zudem jeweils für digitale Plattformen (56 Prozent), Endverbraucher (56 Prozent), die Aus- und Weiterbildung (54 Prozent), den Tourismus (52 Prozent) sowie die Mode-Branche (51 Prozent) für relevant. Dahinter folgen die Musikbranche (48 Prozent), Unternehmen, die sich direkt an Endverbraucher wenden (48 Prozent), das Gesundheitswesen (46 Prozent) sowie Unternehmen, die sich an Geschäftskunden richten (45 Prozent). 3 von 10 (31 Prozent) der Unternehmen sehen im Metaverse zudem eine Chance für die öffentliche Verwaltung. "Es gibt eigentlich keinen Bereich, in dem man sich die Nutzung von Metaverse-Anwendungen nicht vorstellen", so Rohleder. "Dabei geht es längst nicht nur um Entertainment. Eine Fortbildung kann in der virtuellen Realität ebenso effektiv sein wie etwa die Konsultation eines Arztes."

Das sind die Herausforderungen

Die Unternehmen sehen eine Vielzahl von Herausforderungen rund um das Metaverse. So wird beklagt, dass die Technologie noch nicht ausgereift ist (76 Prozent) und es an Standardisierung von Metaverse-Anwendungen fehlt (48 Prozent). Aber auch der Nutzen wird allgemein noch in Frage gestellt. Ein großer Teil der Befragten (62 Prozent) beklagt zudem die Anforderungen an den Datenschutz, die in Deutschland herrschen. 46 Prozent sehen rechtliche Unsicherheiten im Metaverse. "Damit das Metaverse ein Erfolg wird, braucht es dringend Standards und Interoperabilität. Die wenigsten Unternehmen werden Zeit und Geld in die Hand nehmen, um bei einer Metaverse-Lösung dabei zu sein, wenn sie Gefahr laufen, auf das falsche Pferd zu setzen", sagt Rohleder.

© Bitkom
© Bitkom

Diese Unsicherheit hat Folgen: 47 Prozent haben sich inhaltlich noch nicht tiefer mit dem Metaverse beschäftigt und haben das auch nicht vor. Ein Viertel (27 Prozent) hat sich zwar noch nicht damit beschäftigt, kann sich das aber zumindest für die Zukunft vorstellen, und zwölf Prozent haben es sogar fest vor. Erst vier Prozent der Unternehmen haben sich weniger, zwei Prozent sehr intensiv mit dem Metaverse auseinandergesetzt.

Allgemein gehen zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen davon aus, dass das Metaverse noch weit entfernte Zukunftsmusik ist. Allerdings sagen auch 14 Prozent, dass das Metaverse das bisherige Geschäftsmodell bedroht. Und fast jedes vierte Unternehmen (23 Prozent) sieht sogar die Existenz des gesamten Unternehmens durch das Metaverse bedroht. Und 4 von 10 (44 Prozent) rechnen damit, dass Wettbewerber das Metaverse nutzen werden. Ähnlich viele (40 Prozent) halten dies aber für ausgeschlossen.

Gefahr international abgehängt zu werden

Den Weg ins Metaverse erleichtern würden der deutschen Wirtschaft vor allem bessere Informationen über marktfähige Metaverse-Anwendungen (66 Prozent). Aber auch die finanzielle Förderung von Metaverse-Projekten in Unternehmen (52 Prozent) und Hilfestellung bei der rechtlichen Beurteilung des Einsatzes (48 Prozent) stehen auf der Wunschliste. Aktuell droht Deutschland nach Einschätzung der Unternehmen beim noch jungen Thema Metaverse international abgehängt zu werden.

Rohleder: "Das Metaverse kann sich zu einem technologischen Megatrend entwickeln. Wir dürfen hier nicht an der Seitenlinie stehen und zuschauen, was unsere Wettbewerber tun. Gerade in dieser Frühphase ist der Gestaltungsspielraum besonders groß. Ihn müssen wir nutzen."

www.bitkom.org

Hinweis zur Methodik

Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.

www.bitkom-research.de

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Hinweis zur Methodik

Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.

www.bitkom-research.de

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