Steckt Deutschland in der Energiefalle?

Goldman-Sachs-Analyst Jeff Currie warnt, dass Flüssiggas keine Alternative für Pipeline-Gas aus Russland sein wird.

Deutschland dürfte mit dem Versuch scheitern, russische Gaslieferungen durch Importe von verflüssigtem Erdgas (LNG) zu ersetzen. Zu diesem Schluss kommt Jeff Currie, führender Rohstoff-Experte der Investmentbank Goldman Sachs. "Deutschland und Mitteleuropa haben ihre Industrie mit der Hilfe von billigem Gas aus Russland aufgebaut", sagt Currie dem Wirtschaftsmagazin Capital (Ausgabe 06/2022). "Das mit Flüssiggaslieferungen auszugleichen, wird nicht funktionieren."

LNG sei nach Einschätzung Curries zu teuer, um eine echte Alternative für Pipeline-Gas zu werden: "Man muss es runterkühlen, in teuren Behältern transportieren, regasifizieren und dann wieder in eine Pipeline einspeisen. Das ist sinnlos." Auch der vermehrte Einsatz Erneuerbarer Energien werde nach Ansicht des Rohstoff-Analysten zumindest kurzfristig keinen Ausweg aus der Energiekrise bringen: "Grüne Energien machen im Vergleich zur Kohlenwasserstoffwirtschaft immer noch nur einen sehr kleinen Teil aus. Und beide sind derzeit nicht in der Lage, die Weltwirtschaft ausreichend zu versorgen."

Currie geht davon aus, dass die Welt erst am Beginn einer Phase steigender Rohstoffpreise steht, die nur durch stärkere Investitionen beendet werden kann. In den vergangenen Jahren sei schlicht zu wenig Kapital in die Förderung geflossen. "Die Investoren haben ihr Geld lieber auf Netflix gesetzt als auf ExxonMobil", sagt er. "Dadurch wurde die Old Economy ausgetrocknet, und es entstanden nicht genug Produktionskapazitäten." Der Leiter der Rohstoffanalyse bei Goldman Sachs hatte unter anderem den massiven Preisanstieg für Erdöl zu Beginn des Jahrtausends prognostiziert. (red)

www.capital.de

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV