HGK Shipping in Duisburg
Die Reederei von morgen rekrutiert Remote-Kapitäne

| Redaktion 
| 19.02.2024

Ende des Monats nimmt eine Reederei Frachter in Betrieb, die von Duisburg aus per Fernsteuerung über ihre Binnenrouten auf dem Rhein befördert werden. Es handelt sich dabei offenkundig nicht um den letzten Schritt zur kosteneffizienten Reduzierung von Personal.

Die Häfen und Güterverkehr Köln AG, kurz HGK ist entgegen ihres Namens in Duisburg ansässig. Unter dem Banner von HGK Shipping präsentiert man sich dabei als "führendes Binnenschifffahrtsunternehmen in Europa", das pro Jahr eine Fracht von etwa 45 Millionen Tonnen über die Gewässer der Welt schickt.

Unter Zuhilfenahme "digitalisierter Transportplattformen und unterstützender Software-Tools" möchte HGK Shipping dabei ein "modernes und effizientes Arbeitsumfeld" schaffen. Die Position des Kapitäns könnte sich dadurch in vielen Fällen in einen futuristisch anmutenden Bürojob verwandeln.

Ab Mittwoch, 28. Februar soll das Unternehmen offiziell den Betrieb einer Leitzentrale für ferngesteuerte Binnenschiffe starten. Die Redaktion des Handelsblatts durfte die Einrichtung vorab besuchen und berichtet unter anderem von einem Setup mit sechs Bildschirmen und vier Terminals, von dem aus Frachter in hunderten Kilometer Entfernung an ihr Ziel gelenkt werden. Für die technische Grundlage des Projekts zeichnet das belgische Startup Seafar verantwortlich.

Erst remote, dann autonom?

Steffen Bauer, CEO von HGK Shipping, führt die Inbetriebnahme der Duisburger Leitzentrale auf den Mangel an klassisch ausgebildeten Schiffführern zurück. Über 30 Prozent der heutigen Binnenkapitäne sind demnach 55 oder älter, während die Berufsgruppe zwischen 2008 und 2018 insgesamt bereits um ein Viertel geschrumpft sei. Von der Verlagerung des Arbeitsplatzes aufs Festland verspricht sich die Reederei geringere Barrieren für Berufseinsteiger.

Daneben spielen erhöhte Effizienz und eingesparte Kosten eine tragende Rolle: Ein in Duisburg stationierter Kapitän kann demzufolge zwei bis drei Frachter gleichzeitig betreuen. Darüber hinaus müssen Schiffführer aus Fleisch und Blut selbstverständlich auch für die Zeit entlohnt werden, in der ihr jeweiliger Frachter zur Be- und Entladung im Hafen anliegt – ein wirtschaftliches Ärgernis, das beim Remote-Kapitän entfällt.

Das Handelsblatt berichtet, dass HGK rheinabwärts ab Bonn zunächst mit drei ferngesteuerten Schiffen arbeiten will, die für womöglich aufkommende Notsituationen weiterhin einen Kapitän an Bord haben werden. CEO Bauer mutmaßt, dass in etwa fünf Jahren auf persönliche Präsenz verzichtet werden könnte und ruhige Kanäle mittelfristig sogar Möglichkeiten zur komplett autonomen Fortbewegung von Schiffen bieten.

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