Aus mindestens einem Fünftel des Textilabfalls könnte neue Kleidung hergestellt werden

Aktuell wird weniger als ein Prozent Textilmüll recycelt.

Mehr als 15 Kilogramm Textilmüll produziert jeder Mensch in Europa im Durchschnitt pro Jahr. 2030 könnten es bereits über 20 Kilogramm pro Kopf sein. Der größte Anteil (85 Prozent) des Abfalls wird durch die privaten Haushalte verursacht: aus ihrer Kleidung und Heimtextilien. Weniger als ein Prozent dieses Mülls wird derzeit in der EU-27 und der Schweiz zu neuen Textilprodukten recycelt. Mehr als 65 Prozent landen ohne Umwege direkt in der Müllverbrennung oder auf der Mülldeponie.

15.000 neue Jobs möglich

"Dabei könnten, wenn das volle technische Recyclingpotenzial genutzt und mehr Textilien gesammelt würden, bereits im Jahr 2030 zwischen 18 und 26 Prozent des Textilmülls für die Herstellung von neuen Kleidungsstücken wiederverwertet werden", sagt Karl-Hendrik Magnus, Senior Partner und Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey in Deutschland. "Ein skaliertes Textilrecycling würde nicht nur vier Millionen Tonnen CO2 einsparen, sondern auch einen profitablen Wirtschaftszweig mit 15.000 Jobs in Europa schaffen."

Das sind Ergebnisse der Studie "Scaling textile recycling in Europe - turning waste into value" von McKinsey & Company, für die Szenarien berechnet wurden, wie sich das Textilmüllvolumen sowie Sammel- und Recyclingraten bis 2030 entwickeln können.

Höhere Sammelrate entscheidend für mehr Recycling

Derzeit wird etwa ein Drittel der benutzten Kleidung gesammelt und wiederverwendet: entweder als Second-Hand-Mode, als grob recyceltes Textilprodukt wie Lappen und weniger als ein Prozent als recycelte Textilfasern für neue Mode. Diese Sammelrate könnte bis 2030 auf 50 bis 80 Prozent gesteigert werden. Entsprechend könnte auch die Kreislaufwirtschaft, die aus Textilabfall neue Fasern für Mode produziert, auf 18 bis 26 Prozent skaliert werden. Heute ist es weniger als ein Prozent.

"Dieses so genannte Fiber-to-fiber-Recycling, bei dem aus Textilfasern neue Fasern für Mode hergestellt werden, stellt die nachhaltigste Möglichkeit dar, um aus Müll etwas Neues mit Wert zu generieren", erklärt Jonatan Janmark, Co-Autor der Studie und Partner im Stockholmer Büro von McKinsey. Gleichzeitig bietet diese Kreislaufwirtschaft enormes finanzielles Potenzial mit sechs bis acht Milliarden Euro Umsatz als Marktgröße und möglichen jährlichen Renditen von 20 bis 25 Prozent für die Recyclingindustrie.

Möglich wird diese Entwicklung hin zur Kreislaufwirtschaft durch neue Technologien, wie mechanisches Recycling von Baumwolle, das bereits recht etabliert ist, die innovative Verarbeitung zu Viskosefasern sowie chemisches Recycling für die Wiederverwertung von Polyester, was aktuell im Teststadium ist. Allerdings steht das Sammeln und die Aufbereitung der Altbekleidung und -textilien durch fragmentierte, kleinteilige Strukturen und noch meist manuelle Arbeitsvorgänge immer noch vor großen Herausforderungen. Kleidungsabfälle müssen nach Qualitätskriterien sortiert, Knöpfe und Reißverschlüsse entfernt und Faserzusammensetzungen eindeutig identifiziert werden. Viele Produkte aus Mischfasern stellen noch ein ungelöstes Problem für Fiber-to-fiber-Recycling dar.

Investitionen für Skalierung nötig

Um das volle Potenzial des Textilrecyclings nutzen zu können, werden insgesamt etwa sechs bis sieben Milliarden Euro an Investitionen bis 2030 benötigt, die in der gesamten Wertschöpfungskette wie beim Sammeln, Sortieren und dem Aufbau von Recyclingfabriken gebraucht werden.

"Die Investition ins Fiber-to-fiber-Recycling lohnt sich nicht nur aus Nachhaltigkeitsgründen. Es können beim Recycling neue Rohmaterialien entstehen, die mehr Modeproduktion in Europa ermöglichen würden. Dadurch könnte diese Recyclingindustrie sogar noch mehr Wert generieren", sagt Jonatan Janmark.

www.mckinsey.de

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