Intelligenz im Krieg: Innovation gegen Aufrüstung

| Redaktion 
| 09.03.2023

Seit dem Angriff auf die Ukraine ist der Krieg in Europa zurück. Im 21. Jahrhundert können bei einem Konflikt technische Innovationen den entscheidenden Unterschied über Leben oder Tod machen. Creative-Navy-CEO Dennis Lenard erklärt, wie er und sein Team die Benutzeroberfläche eines Gerätes für die Einsatztruppen der NATO konzipiert haben.

Es ist wie die Erwachsenenversion des Versteckspielens – nur ist es eben kein Spiel. Es ist die harte Realität, mit echten Leben, die in Sekundenschnelle drohen zu enden. Soldat:innen, Einsatzkräfte oder ganze Truppen müssen sich in Ausnahmefällen genau diesem Ernstfall stellen. Dabei ist das höchste Ziel nicht bemerkt zu werden – unentdeckt an jene Punkte zu gelangen, die strategisch ausgeklügelt wurden. Doch die Suche nach Schutz und Feinden, die sich dem Frieden widersetzen, ist gefährlich. Insbesondere, wenn die Gegenwehr auf Waffen und Zerstörung setzt.

Was dabei oftmals maßlos unterschätzt wird, ist der strategische Vorteil durch Technologien. Innovation gegen Aufrüstung. So kann beispielsweise wissenschaftliches UX-Design helfen, wo menschliche Kapazitäten an ihre Grenzen kommen. Dennis Lenard ist Gründer und CEO der UX-Design Agentur Creative Navy. Er hat gemeinsam mit seinem Team die Benutzeroberfläche eines Gerätes für die Einsatztruppen der NATO konzipiert und dabei nichts dem Zufall überlassen. Schließlich kann hier jeder Kniff in der Benutzeroberfläche einen Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.

Der Adler sieht mehr, als wir es jemals könnten

Das entwickelte Gerät ist eine Art Smartphone, nur etwas größer. Fachsprachlich wird es Handheld Device genannt. Ein:e Befehlsinhaber:in beziehungsweise eine leitende Person kann dieses Mini-Tablet nutzen, um entscheidende Informationen im Krieg zu visualisieren. Dazu gehören beispielsweise Echtzeit-Standpunkte von Feinden, strategische Wegplanungen, das Wetter, GPS oder aber der Status der Überwachung durch die Gegenseite.

Die Ansammlung der Daten wiederum entsteht durch das Satellitennetzwerk der NATO und wird aufgrund der Weitsichtigkeit auch als militärische Intelligenz bezeichnet. Wie ein Adler, der von oben nahezu unmerklich Dinge sieht, die wir Menschen niemals sehen könnten. Durch die Benachrichtigungen dieser von oben herabschauenden Intelligenz wissen die Einsatztruppen immer, auf was oder wen sie sich vorbereiten müssen. Informationen wie "Achtung, an der nächsten Lichtung wurde eben ein Panzer gesichtet", schützen Soldat:innen wiederum vor der Gegenseite.

UX-Design muss mitdenken

Natürlich sind Kriegssituationen für die meisten von uns ein Szenario, dass wir lediglich aus Filmen kennen. Um ein Gerät für Einsatztruppen zu gestalten, reichen aber nicht nur Vorstellungen oder Vermutungen. UX-Designer:innen müssen die Sicht- und Nutzungsweise der Soldat:innen vollumfänglich überblicken und verstehen. Wann wird das Gerät benutzt? Welche Lichtverhältnisse bestehen? Trägt der Mensch bei der Benutzung Handschuhe oder hat er verdreckte Hände? Aus welchem Winkel werden die Informationen auf dem Tablet gesehen und was hat das für "tote Winkel" zur Folge? Schließlich ist nicht jeder Punkt aus einem bestimmten Winkel gleichgut zu erkennen. Deshalb wurden vor der Entwicklung des optimalen Designs dieser Technologie etliche Gespräche mit Offizier:innen geführt und vereinzelte Situationen von außen analysiert, um zu verstehen, was die Einsatztruppen genau brauchen und wie das Device ihnen dabei helfen kann.

Sätze wie "Mitten im Einsatz können wir es uns nicht leisten, Zeit damit zu verschwenden, nach Optionen zu suchen." oder "Zuverlässigkeit ist das Wichtigste bei der Kommunikation auf dem Schlachtfeld. Eine verpasste Nachricht kann den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten." haben beispielsweise gezeigt, dass die Daten in Echtzeit an das Device übermittelt werden sowie sich schnell und regelmäßig updaten müssen. Weiterhin müssen die Informationen einfach zu erfassen sein, da gerade der Faktor Zeit einen wesentlichen Vorteil im Krieg darstellt.

Am Rande der menschlichen Kapazitäten

Digitalisierung und Fortschritt sind Worte, die über fast allen Neuerungen der heutigen Gesellschaft stehen. Obwohl sich die Debatte gerade bei Produkten der KI oft dahingehend entwickelt, dass wir uns Menschen selbst die Arbeit wegnehmen, zeugen viele Innovationen von etwas viel Wichtigerem. Intelligente Technologien – die optimal anwendbar für User:innen sind – schaffen es nämlich, dass wir unsere eigenen menschlichen Kapazitäten übertreffen. So wie in der hier beschriebenem Technologie für die Einsatztruppen der NATO.

Die höchste Wahrscheinlichkeit, einen Krieg zu gewinnen, lag früher in der Menge der Aufrüstungsmittel sowie einem möglichst großen Heer. Nun wissen wir, dass diejenigen einen Vorteil haben, die intelligentere Entscheidungen treffen und durch weitreichendes Wissen besser vorbereitet sind – selbst in dynamischen und unübersichtlichen Situationen. Informationen, die mit bloßer Menschenhand nicht erfasst werden können, sind unberechenbar für die Gegenseite und gerade deshalb ein strategischer Vorteil. So auch hier: Der Satellit sammelt aus der Sicht eines Adlers Daten, die wiederum an die Soldat:innen auf der Erde per Tablet übermittelt werden. Dank der Visualisierung und mitdenkendem UX-Design sind diese Informationen so einfach zu erfassen, dass sie ihnen in kürzester Zeit bei der Findung wichtiger Entscheidungen helfen.

Angesichts der sich zuspitzenden Konfliktlage auf der Welt dürften einwandfreie, intelligente Entscheidungen immer wichtiger werden. So zum Beispiel auch für Einsätze der Feuerwehr oder Polizei beziehungsweise generell Gruppen bei Großeinsätzen. Die Satellit-Mensch-Kommunikation wird uns also womöglich in der Zukunft noch öfter begegnen – für eine Weitsicht, die unsere eigenen Mächte übersteigt.

www.creativenavy.de

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