Bauern in Deutschland: Wenn es doch auf die Größe ankommt

Vor dem Hintergrund der aktuellen Bauernproteste werfen wir einen Blick auf einen Strukturwandel, der gerade kleineren landwirtschaftlichen Betrieben nicht erst seit kurzer Zeit Sorgenfalten bereitet.

Die Zeiten, in denen es in Deutschland beinahe eine Million landwirtschaftliche Betriebe gab, liegen lange zurück. Wie Statista errechnet, waren im vorletzten Jahr lediglich noch knapp 256.000 Bauernhöfe mit mindestens fünf Hektar Nutzfläche in der Bundesrepublik ansässig. Obwohl sowohl ihre Anzahl als auch die der dort Beschäftigten kontinuierlich zurückgeht, arbeitet eine in der Landwirtschaft angestellte Person heute deutlich effizienter als zur Mitte des letzten Jahrhunderts: Während sie 1949 durchschnittlich zehn Menschen ernähren konnte, sind es derzeit 137.

Natürlich sind viele der heute nicht mehr separat gezählten Höfe keineswegs vom Angesicht der Erde verschwunden. Vielmehr legt eine andere Statista-Auswertung nahe, dass der sprichwörtliche Kuchen lediglich unter weniger Parteien aufgeteilt wird: Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Nutzungsfläche von mindestens 50 Hektar belief sich 1990 auf 56.280 – im vorletzten Jahr hingegen lag sie bei 82.200, nachdem ein vorläufiger Höchststand im Jahr 2013 zu verzeichnen war (85.400 Betriebe).

Trend geht zum Großbetrieb

Tatsächlich hat das Statistische Bundesamt diese Entwicklung 2020 bereits am Beispiel der Betriebe mit Schweinehaltung aufgezeigt: Im Jahre 2010 waren die Tiere demnach noch auf 33.400 Höfen zu finden, ehe ein knappes Jahrzehnt später nur noch 21.600 entsprechende Betriebe registriert werden konnten. Ein Rückgang, der etwa 35 Prozent entspricht und somit deutlich über den lediglich zwei Prozent weniger Schweinen steht, die im selben Zeitraum insgesamt in Deutschland gehalten worden sind.

Destatis berichtete seinerzeit, dass der Rückgang kleinerer Höfe (weniger als 100 Schweine) besonders dramatisch ausfällt: Zwischen 2010 und 2019 sank ihre Nummer von 4200 auf 1700, was einem Minus von satten 60 Prozent gleichkommt. Auf der anderen Seite steht ein Plus von 67 Prozent im Betrachtungszeitraum bei Großbetrieben mit einem Bestand von über 2000 Schweinen; aus 300 (2010) waren innerhalb weniger Jahre schon 500 (2019) geworden. Die Faustregel „Je größer der Betrieb, umso höher die Überlebenschance" drängt sich förmlich auf.

Der Osten hat die Größten

Der Deutsche Bauernverband (DBV) erläutert in seinem Statusbericht, dass größentechnisch ein Nord-Süd-Gefälle in der Bundesrepublik zu erkennen ist. Dies wird vor allem auf historisch-rechtliche Gründe zurückgeführt: In Bayern und Baden-Württemberg, wo früher eine Erbaufteilung auf alle Nachfahren üblich war, gestaltet sich die Hoflandschaft am stärksten fragmentiert – die Durchschnittsgröße der landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Betriebs beläuft sich hier auf 37 Hektar.

Dem gegenüber stehen norddeutsche Betriebe, bei denen Schleswig-Holstein (81 Hektar) oder Niedersachen (74 Hektar) den südlichen Durchschnitt klar überflügeln. Geschuldet ist das unter anderem dem hier vorrangig angewendeten Anerbenrecht. Auch diese Daten verblassen jedoch gegen die beträchtlichen Flächen, die ostdeutschen Betrieben vor allem dank der Aufteilung der Produktionsgenossenschaften aus DDR-Zeiten zur Verfügung stehen: In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt arbeiten Betriebe durchschnittlich mit einer Nutzfläche von 275 beziehungsweise 269 Hektar.

Anzumerken ist, dass die Größe der Nutzfläche eines Hofes nicht zwingend mit proportionalem wirtschaftlichen Erfolg verbunden ist. Neben den vor Ort produzierten Gütern selbst spielt hier zum Beispiel die (womöglich Schwankungen unterliegende) Nachfrage oder auch die grundlegende Betriebsführung eine tragende Rolle.

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