5 Prozent Inhalt, 95 Prozent Luft: So wird bei Verpackungen getrickst

| Alexander Schöpf 
| 09.10.2022

Verbraucherzentrale deckt auf, wie Supermarkt-Kunden bei Keksen, Kakao, Snacks und Spültabs an der Nase herumgeführt werden – Ruf nach strengeren Gesetzen.

Die Auswirkungen der hohen Inflation mit rasant gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs bekommen Verbraucher:innen derzeit schmerzhaft zu spüren. Und als wäre das nicht genug, zeigt eine aktuelle Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg, dass die Kund:innen zusätzlich oft Geld für viel abgepackte Luft bezahlen müssen.

"Selbst Bio-Hersteller täuschen ihre Kundschaft"

Zwischen 50 und 95 Prozent liegt der geschätzte Luftanteil bei insgesamt 15 beispielhaft auf Basis von Verbraucherbeschwerden ausgewählten Produkten, die die Verbraucherzentrale mit Hilfe von Röntgenaufnahmen durchleuchten hat lassen: "Alle 15 überprüften Artikel sind höchstens zur Hälfte gefüllt, viele weisen sogar noch weniger Inhalt auf."

Spitzenreiter im negativen Sinne ist eine Plastikdose mit Vitamin-B12-Tabletten von KAL, die nur etwa fünf Prozent der Packung ausfüllen – der Luftanteil liegt somit bei sagenhaften 95 Prozent. Mit circa 65 Prozent Luft schneiden auch eine Backmischung für Bananenbrot von Baetter Baking, ein Mandelgebäck von Ricciarelli, eine Fertigmischung für einen Apfel-Nuss-Tassenkuchen von Lizza und die Knorr Schinken-Hörnli besonders schlecht ab. "Selbst Bio-Hersteller, deren Produkte eigentlich für mehr Nachhaltigkeit stehen, verschwenden durch Luftpackungen wertvolle Ressourcen und täuschen zugleich ihre Kundschaft", ärgert sich Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Vier der 15 untersuchten Produkte trugen ein Bio-Siegel.

Verbraucher und Umwelt schützen

Viele Unternehmen nutzen fehlende oder schwammige Vorgaben in Verordnungen und Gesetzen in diesem Bereich aus. Rein rechtlich sind Luftpackungen auch kaum zu belangen. Das Eich- und Verpackungsrecht gibt Herstellern viel Freiraum bei der Gestaltung ihrer Produkte. "Wir gehen dennoch regelmäßig gegen Anbieter vor, wenn es möglich ist. So haben wir zuletzt beispielsweise erfolgreich durchgesetzt, dass Unilever ein Waschmittel nicht mehr in einem überdimensionierten Karton und Lidl ein Bircher Müsli nicht in einer halbleeren Dose verkaufen darf. Der aktuellste Fall: eine Gewürzmischung der Marke NiceSpice, die wir abgemahnt haben", berichtet die Verbraucherzentrale.

Rechtliche Schritte können aber nur dann eingeleitet werden, wenn eine Irreführung in Bezug auf den Inhalt vorliegt. Eine überdimensionierte Packung kann per se nicht geahndet werden. Deshalb fordert die Verbraucherzentrale Hamburg bessere rechtliche Rahmenbedinungen, "um sowohl Verbraucher:innen als auch die Umwelt zu schützen", denn Luftpackungen verschwenden Ressourcen und schädigen somit auch das Klima. Bis die Gesetze nachgeschärft werden, haben die Verbraucher:innen nur die Möglichkeit, sich bei den Herstellern über die "luftigen" Verpackungen zu beschweren. Die Verbraucherzentrale Hamburg stellt für diesen Fall einen kostenlosen Musterbrief zum Download bereit.

www.vzhh.de

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