Bleiben Sie bescheiden und geduldig

Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden: Gastkommentar von Rudolf X. Ruter, Experte für Corporate Governance und Nachhaltigkeit, Buchautor und Mitglied in diversen Aufsichtsgremien.

Viele wünschen sich eine Berufung in ein Aufsichtsgremium am Ende ihrer Karriere. In ein Aufsichtsgremium wird Frau oder Mann aber nur bei ausreichend fachlicher und persönlicher Qualifikation berufen wie in unserer Kolumne "Der Ruf wird lauter" dargestellt. Losgelöst von allen eigenen fachlichen Qualifikations- und Kompetenz-voraussetzungsfragen, muss sich jeder potenzielle Kandidat auch "die" zentrale Frage stellen: "Wie muss ich in Erscheinung treten?" Das "Warum" haben wir in der Kolumne "Bin ich noch zu Höchstleistungen fähig?" und ein mögliches "Wo" in unserer Kolumne "Der Weg zum Gipfel erfordert gute Kondition und Ausrüstung" hinterfragt und das "Wann" haben in unserer Kolumne "Ohne realistische Selbsteinschätzung geht gar nichts" dargestellt. Das "Was" haben wir in der letzten Kolumne "Was habe ich als Beirat oder Aufsichtsrat Besonderes zu bieten" beantwortet.

Wie muss ich als zukünftiger Beirat oder Aufsichtsrat auftreten?

Fachliche und persönliche Qualifikation und Reputation eines zukünftigen Beirats oder Aufsichtsrats sollten im wesentlich über persönliche Kontakte und Gespräche bekannt sein. Kern des Networkings in der Beirats- und Aufsichtsratslandschaft ist und bleibt die persönliche Begegnung, das vertrauliche Gespräch, die gleiche "Wellenlänge", eine gemeinsame "Vertrauensbrücke" und eine gegenseitige herzliche Beziehung. Ein Auftritt und eine Beteiligung z.B. in den Sozialen Medien können nur unterstreichend wirkend.

Es ist sehr zu empfehlen, sorgsam, bescheiden und besonnen vorzugehen. Oder anders ausgedrückt: In der Beirats- und Aufsichtsratslandschaft bewegt sich insbesondere die ältere Board Community äußerst "scheu wie Rehe" und sie wollen grundsätzlich "unsichtbar sein wie Eulen". Nur selten treten sie aus dem Dickicht heraus, um an Wasserlöchern Futter und Wasser in Form von Wissen und Informationen aufzunehmen. Junge, unerfahrene Jäger (potenzielle Mandatsanwärter) haben bei fehlender Geduld und entsprechender Lautstärke keinerlei Chancen auf einen Treffer. Rüpel, Wilderer oder gar moderne Mountainbiker verjagen alles auf nimmer Wiedersehen. Üben Sie sich in Mäßigung und Besonnenheit. (Selbst-) Beherrschung, Bescheidenheit, Maßhalten. Das Finden des richtigen Maßes erhöht Ihre Chancen mehr als laute Begierden und rastloses Herumrennen.

Es ist also nicht nur wichtig "Wie sehe ich mich selbst", sondern viel mehr "Wie beurteilen andere meine Persönlichkeit". Bin ich tatsächlich geistig, emotional und finanziell unabhängig? Für welche Sinn- und Werte-Orientierung stehe ich? Bezeichnen andere mich auch als tugendhaft und ehrbar? Bin ich noch fleißig und belastbar wie in jungen Jahren? Brennt in mir noch sichtbar eine Leidenschaft auf Innovation, Veränderung und Transformation?

Und es muss nochmals an den Grundsatz "Man wird berufen, Man bewirbt sich nicht" erinnert werden. In einen Beirat oder Aufsichtsrat gebeten zu werden ist immer auch eine Bestätigung der eigenen Leistung und Kompetenz. So etwas wie Anerkennung und Ehre. Etwas, was wachsen und reifen muss. Der Kandidat braucht Geduld. Oder wie Berthold Beitz (1913 bis 2013), deutscher Manager, es formulierte: "Man kann nicht heute Apfelbäume pflanzen und schon im nächsten Jahr die Früchte ernten".

Die folgenden LEADERSNET-Kolumnen widmen sich den letzten beiden Kernfragen: "Wer kann mich unterstützen" und "Welche konkreten Maßnahmen und Aktivitäten kann ich ergreifen?"

Die vorstehenden Gedanken sind entnommen der zweiten, neu bearbeiteten und erweiterten Auflage und im Juni 2021 erschienen Buches "Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden. Ein konkreter Plan für den Erfolg".

www.ruter.de


 

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